3.9. Diskriminative Stimuli – was versteht man darunter?
Hinweis: Wir befinden uns beim Lesen bei Kapitel 3 der Artikelserie „Hundeerziehung verständlich erklärt“ – Begriffserklärungen. Also im Grunde die Basics. Die Umsetzung und die verschiedenen Hilfsmittel folgen in den nächsten Kapiteln.Der Grundgedanke des Erklärens einiger Begriffe, die man im Zusammenhang mit der Hundeerziehung hört oder liest ist, dass es einige Hundefreunde gibt, die gar nicht so fachlich alles genau wissen möchten.
Dennoch:
Um Fachausdrücke verstehen zu können, kommen wir nicht daran vorbei, bestimmte Dinge eben auch fachlich weiter zu erläutern. Es ist ein ewiger Kreislauf.
Es gibt Hoffnung. Wenn Sie diesen Artikel nicht ganz lesen möchten, weil dieser Ihnen vielleicht zu speziell, mit zu viel Fachausdrücken gefüllt ist, lassen Sie einfach den erklärenden Text aus und lesen Sie die Teile B und D.
Dort finden Sie Beispiele, in denen Ihnen erklärt wird, was sich hinter Diskriminativen Stimuli verbirgt.
In der Artikelserie „Hundeerziehung verständlich erklärt“ haben Sie nun schon einige Dinge näher unter die Lupe genommen. So haben Sie z.B. lesen können, wie ein Hund lernt oder wie Sie Fehler in der Hundeerziehung vermeiden können.
Sie haben sich bereits verschiedenen Begriffen gewidmet und eigentlich schon eine ganze Menge gelernt. Sie haben gelernt, was Konditionierung bedeutet und was Verstärker sind. Dabei haben Sie unter anderem auch gelesen, dass Sie einem verstärkten Verhalten im Grunde nur noch ein „Kommando“ hinzufügen müssen. Sie wissen, dass Ihr Hund durch das Verstärken von „laut“ nicht sinnlos über den Tag bellt, sondern nur nach Ihrer Aufforderung.
Um dieses zu erreichen, arbeitet man mit diskriminativen Stimuli.
Teil A
Was heißt das? Was sind Diskriminative Stimuli?
Diskriminative Stimuli sind Reize (Sichtzeichen, Töne, Kommandos), die einem Verhalten vorausgehen und Ihrem Hund anzeigen bzw. ankündigen, dass auf ein bestimmtes Verhalten eine Konsequenz folgt (sowohl positiv als auch negativ).
Nehmen wir zunächst mal die Wörter für sich.
Was heißt diskriminativ?
Es bedeutet unterscheidend.
Das Attribut gehört dem Substantiv Diskriminierung an. Dieses wiederum hat verschiedene Bedeutungen
- (bildungssprachlich) das Diskriminieren
- (bildungssprachlich) diskriminierende Äußerung, Handlung
- Für uns von Bedeutung: (Fachsprache) Unterscheidung
Synonyme zu Diskriminierung
- Benachteiligung, Demütigung, Entehrung, Entwürdigung, Erniedrigung, Herabsetzung, Herabwürdigung, Übervorteilung, ungerechte Behandlung, Zurücksetzung; (bildungssprachlich) Diskrimination; (Papierdeutsch) Verächtlichmachung
- Beleidigung, soziale Ungerechtigkeit; (gehoben) Schimpf, Schmähung; (bildungssprachlich) Affront, Diffamierung; (gehoben emotional) Schmach
Für uns von Bedeutung: Abgrenzung, Scheidung, Trennung, Unterscheidung; (gehoben) Sonderung; (bildungssprachlich) Differenzierung; (veraltet) Disjunktion
Im Zusammenhang der diskriminativen Stimuli sprechen wir also von unterscheidenden Reizen.
Gut, was sind dann Stimuli (stimulieren – anregen – reizen) genau?
Stimuli benennt man einen Reiz. in der klassischen Lern- und Konditionierungstheorie ist der Stimulus Auslöser für ein Verhalten.
Ein diskriminativer Stimulus signalisiert die Möglichkeit für ein operantes Verhalten, das eine verstärkende Konsequenz nach sich zieht. (Diskriminative Stimuli = Reize (Sichtzeichen, Töne, Kommandos), die einem Verhalten vorausgehen und Ihrem Hund anzeigen, ankündigen dass auf ein bestimmtes Verhalten eine Konsequenz folgt.
Teil B
Zum Einstiegsverständnis hier Beispiele, die bei uns Menschen greifen, damit Sie ein besseres Gefühl für den Inhalt bekommen.
Beispiel:
Gehen wir davon aus, Sie haben Kinder, die laut Musik hören mögen. Die Lautstärke aber ist so enorm, dass Sie schimpfen und Ihre Kinder die Musik leiser zu stellen haben. Sind Sie nicht anwesend, werden Ihre Kinder aber die Musik wieder aufdrehen und in ihrer Lautstärke hören.
Was ist hier der diskriminative Stimulus? Sie, die Eltern! Ihre Kinder verstehen Sie als Hinweisreiz darauf, dass ihnen bei Ihrer Anwesenheit bei lauter Musik eine Konsequenz droht – Sie schimpfen!
Beispiel :
Sie haben etwas viel getrunken, Ihnen ist schlecht. Am nächsten Tag stellt Ihnen jemand das Getränk hin, dass Ihnen Ihre Übelkeit bei zu viel Einnahme brachte. Beim Anblick dieses Getränks, wird Ihnen übel. Hier ist der Hinweisreiz das Getränk.
Beispiel :
Ihr Herd war gerade in Arbeit, das Kochfeld ist noch heiß. Eine rote Signallampe zeigt Ihnen, dass das Feld noch nicht ausreichend abgekühlt ist um drauf zu fassen, oder etwas drauf zu stellen. Der Hinweisreiz ist die rote Lampe.
Beispiel :
Sie hören, wie der Schlüssel in die Tür gesteckt wird und wissen Ihr Partner kommt jetzt nach Hause. Der diskriminative Stimulus hier ist das Schlüsselgeräusch im Schloss, also das Schlossgeräusch..
Beispiel :
Die Ampel ist grün, sie laufen über die Straße. Die Ampel ist rot: Sie bleiben stehen und überqueren nicht. Hier sind die Hinweisreize die Farben der Ampel.
Teil C
Steigen wir nun in das Thema ein.
Der diskriminative Reiz ist einer der drei Bestandteile der operanten Konditionierung.
1. Bestandteil:
Verhaltenskontingenz:
Die Verhaltenskontingenz erklärt die Beständigkeit, Beharrlichkeit, Dauerhaftigkeit der Beziehung zwischen einer Reaktion und den Reizbedingungen, die ihr folgen. Das heißt, diese Beziehung zwischen Reiz und Reizbedingung hat Einfluss auf die Reaktionswahrscheinlichkeit, also die Wahrscheinlichkeit eines gezeigten Verhaltens. Sie bestimmt die Häufigkeit eines gewünschten Verhaltens oder ist nicht stark genug, dieses vermehrt zu zeigen.
2. Bestandteil:
Ein Verstärker ist die unmittelbare Konsequenz, die auf ein Verhalten folgt.
Wir beschäftigen und hier mit dem 3. Bestandteil, nämlich mit den diskriminativen Stimuli. Diskriminative Stimuli können dem Organismus die Information vermitteln, wann er etwas tun soll; wann eine bisher erfolgreiche Reaktion, ein erwünschtes Verhalten, auszuführen ist oder nicht, ein Verhalten Erfolg bringt oder ergebnislos bleibt. Dazu bedient sich Ihr Hund Hinweisreizen, die anzeigen, wann eine bestimmte Reaktion erfolgreich sein wird.
Man kann also sagen: Der diskriminative Stimulus verstärkt und sagt eine Reaktion voraus. Das heißt, ein diskriminativer Stimulus hat verstärkende Funktion. Das beantwortet auch die Frage danach, woher Ihr Hund weiß, welche Verhaltensweise in einer bestimmten Situation angemessen ist oder nicht.
Die für ihn wichtigen Informationen geben ihm eben diese diskriminativen Reize. Sie informieren darüber, dass aktuell eine Bedingung gegeben ist, unter der einer bestimmten Verhaltensweise eine Verstärkung folgen kann. Es ist davon auszugehen, dass die Voraussagekraft eines Reizes für ein eintretendes Ereignis eine wichtigere Rolle spielt. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer Konditionierung ist der Informationsgehalt des konditionierten Reizes.
Ich versuche es noch einfacher zu erklären. Diskriminative Stimuli, sind letztlich verknüpfte Assoziationen zwischen bspw. Kommandos, Sichtzeichen oder Tönen und einer Belohnung und werden somit zu Hinweisen auf eine Chance für Ihren Hund, etwas richtig zu machen. Ein diskriminativer Reiz löst also ein Verhalten nicht direkt aus, aber gibt einen Hinweis darauf, was Ihr Hund tun KANN.
Beispiel: Weidezaun, der unter Strom steht:
Der Zaun zeigt an, dass Stoppen vor ihm eine gute Reaktion, ein richtiges Verhalten, ist (Stromschlag) und bewirkt damit das Anhalten vor diesem Zaun. (Voraussetzung, er hat bereits schon durch Versuch und Irrtum ((operante) Konditionierung)) gelernt, dass auf einem Weidezaun Strom sein kann.)
Ein weiteres Beispiel:
Ihr Hund schleppt Ihnen ein Vielfaches von Spielzeug an und wirft es Ihnen vor die Füße – Sie reagieren nicht – bleibt für Ihren Hund ohne Erfolg und Ergebnis. (Es folgt wahrscheinlich Extinktion)
Soll er apportieren und führt auf Kommando: „Apport“ aus, hat er die Chance genutzt, Ihnen den geworfenen Dummy zu bringen und die Verknüpfung von Dummy werfen = holen mit dem Kommando „Apport“ war erfolgreich. Er hat also das „Apport“ beim Werfen des Dummys als Hinweis genutzt, dass es ihm eine Belohnung einbringen könnte, wenn er den Dummy zu Ihnen bringt. Er wird positiv bestätigt. Hier kann der diskriminative Stimulus z. B. das Kommando „Apport“ sein. (Das heißt, der operanten Konditionierung, also der Assoziation von „Dummy werfen und bringen“ haben Sie ein neues Kommando zugefügt, nämlich „Apport“).
Ihr Hund muss wissen und wird auch naturgemäß lernen, welche Konsequenzen eine operante Verhaltensweise unter bestimmten Bedingungen nach sich zieht (lernen durch Versuch und Irrtum)
Zu den diskriminativen Stimuli gehören, wie bereits geschrieben, beispielsweise Sichtzeichen, Kommandos und Töne.
Teil D
In der Praxis werden Diskriminative Stimuli hauptsächlich verknüpft, indem bereits positiv verstärktes Verhalten Ihres Hundes nur noch belohnt wird, wenn dem vorher ein bestimmter Reiz voraus ging.
Beispiel: „Apport“
Werfen Sie den Dummy und er holt ihn, bleibt die Belohnung aus. Geben Sie aber den diskriminativen Reiz „Apport“ der „Folge: Wurf – und holen bei und er führt aus, dann ist er erfolgreich und wird belohnt, was Sie auch durch die Belohnung positiv verstärken.
Beispiel „Sitz“
So trainiert man auch Welpen und Junghunde mit dem Kommando Sitz. Zunächst konditioniert man sie klassisch: Sitzen bringt direkt ein Leckerchen. Dann operant: Sie bleiben stehen und Hund setzt sich neben Sie: Erfolg! Belohnung! Jetzt fügen Sie dem Ganzen einen diskriminativen Stimulus bei, nämlich das Kommando „SITZ“. Er setzt sich hin und bekommt eine Belohnung. Bei jedem einfachen Hinsetzen oder Vorsitzen ohne einen Reiz, ohne Kommando, ohne entsprechendes Sichtzeichen, erfolgt Ihrerseits keine Reaktion. Belohnung bleibt aus. Sitzt er bei Kommando „Sitz“, wird positiv verstärkt.
Ein Diskriminativer Stimulus ist ein Reiz, der mit Verstärkung assoziiert ist.
Hinweis:
Weitere Beiträge zur Artikelserie: „Hundeerziehung verständlich erklärt“
Fehler vermeiden in der Hundeerziehung.