Kapitel 3: Immer wiederkehrende Begriffe in der Hundeerziehung
3.2. Konditionierungen
3.2.1 klassische Konditionierung
3.2.2. operante Konditionierung oder instrumentelles Lernen,
3.2.3. Instrumentelle Konditionierung
3.2.4. Gegenkonditionierung
Konditionierung heißt Lernen, es ist assoziatives Lernen. Dies bedeutet nichts anderes als Lernen durch Verknüpfung sowohl in der klassischen als auch in der operanten/ instrumentellen Konditionierung. Es handelt sich bei beidem um Lernvorgänge, wenn auch in unterschiedlicher Art und Weise.
3.2.1. Klassische Konditionierung
Definition nach Dr. Dorit Urs Feddersen-Petersen:
„Klassische Konditionierung ist das Verfahren, mit dem man bedingte Reflexe, bedingte Appetenz, bedingte Aversion oder bedingte Hemmung hervorruft, sofern der Trainer durch Reizgebung die Zeitpunkte für die Lernakte bestimmt.“
Was bedeutet das???
Bringt man beispielsweise einem Jagdhund bei, bei einem bestimmten Klang der Hundepfeife zum Jäger zurückzukehren, handelt es sich um klassische Konditionierung. Dabei wandelt sich ein neutraler Reiz (DAS Pfeifen) durch gezieltes Training in einen konditionierten (das Zurückkehren beim Ertönen dieses Tons).
In der Regel reagieren diese Hunde dann nicht auf die Töne anderer Pfeifen, die für andere Hunde bestimmt sind. Das erlernte Verhalten bezieht sich nur auf den erworbenen konditionierten Reiz, nämlich der Pfeifton der Pfeife des Halters, der seinen Hund darauf konditionierte.
Die klassische Konditionierung basiert auf der Verknüpfung zweier Reize, die in engem zeitlichen Zusammenhang stehen. Sie läuft unabhängig von Verhalten und Bewusstsein des Betroffenen ab.
Ein Beispiel der klassischen Konditionierung ist das berühmte Pavlovsche Experiment, auf das ich hier nicht auch noch mal eingehen möchte, denn anhand dessen, wird immer wieder die klassische Konditionierung erklärt. Aber gerne mag ich Beispiele aus unserem normalen Hundehalter-Leben geben.
Eine typische klassische Konditionierung ist die Reaktion darauf, wenn Ihr Hund Sie mit der Leine klimpern hört. Er weiß, denn er hat es über einen Zeitraum gelernt, wenn Sie die Leine in die Hand nehmen, gehen Sie raus.
Das bedeutet: Gleiches Ritual über einen unbestimmten Zeitraum.
1) Die Leine klimpert
2) Spaziergang folgt
Hund hat dieses Ritual verinnerlicht durch die stetige Wiederholung.
Merke:
Neutraler Reiz (das Nehmen der Leine) + Unkonditionierter Reiz (Spaziergang) = Konditionierte Reaktion (Kommen und sich freuen auf Gassiegehen)
Noch ein Beispiel zur Verdeutlichung:
Sie bewahren ihre Leckerchen immer am gleichen Ort auf. Sie begeben sich an den Ort und Ihr Tier beginnt zu speicheln, zu tänzeln und kriegt sich vor Freude kaum noch ein, weil sie die Hand nach den Leckerchen ausstrecken. Da kommt er sofort, denn er weiß, er bekommt das Objekt seiner Begierde. Sie agieren immer nach dem gleichen Muster. Sie haben ihn damit bewusst oder auch unbewusst klassisch konditioniert.
Er hat gelernt:
Neutraler Reiz (Gang an den Ort/ Schrank, Schublade) + Unkonditionierter Reiz (Futter) = Konditionierte Reaktion (Kommen)
Die klassische Konditionierung eignet sich auch hervorragend für die Arbeit mit ängstlichen Hunden.
So funktioniert es auch mit der Pfeife. Es ertönt der Pfiff – der Hund kann damit noch nichts anfangen. Im nächsten Schritt beginnt man zu pfeifen, wenn der Hund zum Futter kommt. Diese Vorgehensweise wiederholt man einige Male und es dauert nicht lange, und der Hund kommt automatisch, wenn er die Pfeife hört.
Auch hier gilt:
Neutraler Reiz (Pfeifton) + Unkonditionierter Reiz (Futter) = Konditionierte Reaktion (Kommen)
3.2.2. Die operante Konditionierung
Bei dieser Form des Lernens spielt die Belohnung eine wichtige Rolle, genauer gesagt, die Erwartung. Hierbei kann auch Dopamin einiges bewirken.
Operante Konditionierung beinhaltet Konsequenzen.
Bei der operanten Konditionierung spielt die Belohnung eine wichtige Rolle, genauer gesagt, die Erwartung einer Belohnung. Und genau hier kommt das Dopamin ins Spiel. Als wichtiger Neurotransmitter dient es als Botenstoff der Vorfreude.
Dopamin wird bereits beim Anblick eines begehrten Spielzeuges, eines äußerst reizvollem Leckerli oder etwas Fressbarem, ausgeschüttet, es generiert ein Verlangen. Dopamin wird zum wichtigen Motivator. Assoziatives Lernen ist eine elementare Form des Lernens, macht allerdings nur einen Bruchteil seines Spektrums aus, denn unsere Hunde lernen nicht ausschließlich nur durch Versuch und Irrtum, sondern auch durch wirkliche Einsichten.
Bei der klassischen Konditionierung geht es also darum, Assoziationen zu bilden. Bei der operativen Konditionierung dabei um Konsequenzen. Das heißt, bei der klassischen lernt Ihr Hund Verknüpfungen durch immer wiederkehrende Reize und die Folgen herzustellen. Bei der operativen Konditionierung erwarten Sie von Ihrem Hund etwas zu tun, das ihm entweder das Leckerlie verdienen lässt, das Spielzeug zu bekommen oder ähnliches. Er muss also ein bestimmtes Verhalten zeigen.
Beispiele für Operative Konditionierung:
Das Erlernen von Sitz: Der Hund soll Sitz ausführen und wird daraufhin belohnt. Die Chance, dass sich der Hund beim nächsten Mal wieder setzen wird, ist groß, da er dieses Kommando mit etwas Positivem verknüpft hat. Er weiß, sitzt er, bekommt er ein Leckerli. Er war erfolgreich. Sehr hilfreich!
So funktioniert es auch mit dem Betteln. Bettelt Ihr Hund und Sie ignorieren dieses Verhalten, Ihr Hund bleibt also erfolglos, wird er immer weniger dieses unerwünschte Verhalten zeigen. Allerdings funktioniert das natürlich auch mit unangenehmen Erlebnissen.
Man kann operante Konditionierung auch mit Strafen besetzen, wie zum Beispiel das Entfernen etwas Angenehmen.
Man kann also sagen, operante Konditionierung ist Lernen am Erfolg. Der Hund wird eher gewünschtes Verhalten zeigen, wenn seine Ausführungen positive Folgen haben. Dagegen wird er immer seltener unerwünschtes Verhalten zeigen, wenn dieses keinen Erfolg bringt.
Ein weiteres Beispiel:
Ihr Hund winselt und heult, wenn Sie aus dem Raum gehen.
Nun haben Sie 2 Möglichkeiten
- Sie geben nach und gehen wieder in den Raum, damit Ihr Hund aufhört, zu jaulen
- Oder Sie warten, bis Ihr Hund aufhört und sich ruhig verhält, bevor Sie den Raum dann betreten
Bei Möglichkeit 1 hat Ihr Hund gelernt: Er muss nur lange genug winseln, jaulen und heulen, dann kommt Frauchen – er war erfolgreich – Sie erfolglos.
Bei Möglichkeit 2 lernt ihr Hund: Jaulen und heulen bringen ihn nicht zum Ziel. Egal wie lange er es auch versucht, er bleibt erfolglos – Sie sind erfolgreich.
3.2.3. Instrumentelle Konditionierung
Die Instrumentelle Konditionierung weicht nicht groß von der operanten ab. Es ist hier lediglich differenzierter das Verhalten zu betrachten.
Während bei der operanten Konditionierung das zufällige Verhalten bestätigt wird, bzw. verstärkt wird, wird bei der Instrumentellen Konditionierung der Hund etwas mehr gefordert. Er zeigt eigenständig Verhaltensweisen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Bei der instrumentellen Konditionierung erfolgt eine Verknüpfung von Verhalten und Folge. Der Hund kann durch sein eigenes Verhalten die eigene Zukunft beeinflussen. Beispiele hierfür geben die Spiele für die mentale Auslastung unserer Vierbeiner, wie z. B. die sogenannten Intelligenzspiele, bei denen Hunde herausfinden müssen, wie sie am besten an das begehrte Leckerli kommen. Also operante Konditionierung und instrumentelle Konditionierung ähneln sich sehr und gehen fließend ineinander über.
Es sei angemerkt, dass die meisten Hundefachleute operative und instrumentelle Konditionierung zusammenbringen und sie diese nicht unterscheiden.
3.2.4. Gegenkonditionierung
Bei der Gegenkonditionierung soll eine unangenehme Reaktion auf einen speziellen Auslöser in eine angenehme Reaktion gewandelt werden. Das heißt, bereitet einem Hund etwas Unbehagen, versucht man, durch spezielles herbei geführtes Verhalten oder Aktion dieses unangenehme Gefühl, diesen Auslöser durch etwas Positives zu ersetzen. Das erreicht man, indem man den unangenehmen Auslöser mit etwas verbindet, das der Hund als angenehm und toll empfindet.
Arbeitet man mit Gegenkonditionierung hat man eigentlich auch zwangsläufig mit Desensibilisierung zu tun, beides gehört meist zusammen.
Gegenkonditionierung ist in der Verhaltenstherapie unerlässlich. Gerade Aggressionsprobleme, Ängste, Fobien, Wut werden durch Gegenkonditionierung therapiert. Hierbei versucht man, z.B. die Angst vor Menschen durch andere Emotionen zu ersetzen oder aber auch ein bisheriges Verhalten gegen ein anderes zu ersetzen.
Für die Arbeit mit Gegenkonditionierung hat der Grad der Motivierbarkeit eines Hundes eine hohe Wichtigkeit.
Der für Sie wichtige Ansatz bei der Gegenkonditionierung ist das Erkennen, was Ihr Hund sieht, also darauf zu achten.
Gehen wir nun mal davon aus, dass Ihr Hund Angst empfindet, wenn er andere Hunde sieht, die Ihnen begegnen.
Für Sie bedeutet das ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit. Sie müssen auf Ihren Hund achten; denn er sieht einen entgegenkommenden Hund mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit schneller als Sie. Sie erkennen das verändernde Verhalten bereits an seiner Körperspannung.
Genau jetzt beginnen Sie mit der Gegenkonditionierung. Sie beginnen nun ganz fröhlich und gut gelaunt, Ihrem Hund Leckerlis zu geben. Rein in den Hund was geht wieder und wieder so lange, bis der Auslöser, nämlich der Hund verschwunden ist. Dann sind der Freudentanz beendet und die Leckerlieausgabe geschlossen.
Bei der Gegenkonditionierung ist darauf zu achten, dass man versucht, die niedrigste Toleranz-Schwelle des Hundes zu finden. Wenn unser Hund sich schon auf einem hohen Stresslevel befindet, ist die Chance gleich Null, seine Aufmerksamkeit positiv umzulenken.
Mit dem Beginn der Gegenkonditionierung muss sensibel umgegangen werden. Es erfordert viel Fingerspitzengefühl. In diesem Fall also nicht erst, wenn der potentielle Feind schon zum „beißen“ nah ist. Hier beginnt die Gegenkonditionierung schon, wenn Ihr Hund beginnt, nervös zu werden.
Von extremer Wichtigkeit ist das richtige Timing. An Ihnen ist es, zum richtigen Zeitpunkt die Leckerchen zu geben, um so Ihren Hund nicht in Stress geraten zu lassen und ihm damit ein „gutes“ Gefühl bei Hundebegegnungen zu vermitteln.
Angst, beispielsweise vor Autos würden Sie verstärken, wenn Sie die Leckerchen am Straßenrand in Ihren Hund reinpumpen, während die Autos daran vorbei rauschen. Das wäre dann völlig falsches Timing und der falsche Ansatz.
Bei der Gegenkonditionierung spielt natürlich die Bestärkung des ausgetauschten Verhaltens eine große Rolle, genau das muss auch immer wieder ins Spiel kommen. Selbst, wenn Sie meinen, dass Ihr Hund nun das alte Verhalten abgelegt hat, braucht es nur einen einzigen gewissen Auslöser (einen Reiz), der ihn wieder zurück ins alte Muster bringt. Trainingswiederholungen sind hier unerlässlich.
Hinweis: Vorangegangene Beiträge zu der Artikelserie: Hundeerziehung:
Einleitung: Hundeerziehung ohne Stress
Kapitel 1: Wie lernt ein Hund?
Kapitel 2: Fehler vermeiden in der Hundeerziehung
Kapitel 3: Immer wiederkehrende Begriffe in der Hundeerziehung: Das Abbruchsignal