Das Appetenzverhalten – Was ist das denn bitte?
Im Zusammenhang mit Trieben hören und lesen wir auch immer wieder von Appetenzverhalten. Appetenzverhalten? Was ist das denn nun schon wieder? Diese Bezeichnung wird hauptsächlich in der Verhaltensforschung genutzt. Der Duden erklärt, ein Appetenzverhalten sei ein sich in noch ungerichteter Aktivität äußerndes triebhaftes Verhalten [bei Tieren], das eine auslösende Reizsituation anstrebt, die zur Befriedigung eines Triebes führt.
Aber warum sollte das so einfach sein? Es geht noch weiter. In der Verhaltensforschung spricht man von ungerichtetem Appetenzverhalten und einem gerichtetem Appetenzverhalten. Und hier bilden sich die nächsten Fragezeichen vor unserem geistigen Auge, nicht wahr? Versuchen wir das ganze mal einfach zu erklären.
Man spricht bei einem ungerichteten Appetenzverhalten von der Basis Instinkt geleiteter Handlung, also, ein durch ungerichtete Aktivität äußerndes triebhaftes Verhalten, das eine auslösende Reizsituation anstrebt, die zur Befriedigung eines Triebes führt. Ergo: Das ungerichtete Appetenzverhalten muss die Basis für eine instinktgeleitete Handlung sein. In der Instinkttheorie spricht man dann davon, dass das ungerichtete Appetenzverhalten, die Suche nach verschiedenen Schlüsselreizen umfasst.
Wenn nun die Basis das ungerichtete Appetenzverhalten für eine instinktgeleitete Handlung ist, was versteht man dann unter einem gerichtetenAppetenzverhalten?
Auch das ist eigentlich einfach, zu erläutern. Wird ein Schlüsselreiz nun vom Hund wahrgenommen und dieser ist bereit, dem Handlungen folgen zu lassen, also dem Reiz, spricht man von einem gerichtetenAppetenzverhalten. Das heißt, dieses gerichtete Appetenzverhalten führt unweigerlich wiederum zu weiteren Schlüsselreizen. Das Ergebnis dessen ist das Verhalten, das wir an unserem Hund erkennen können, also das sogenannte Endverhalten.
Aber, es geht noch weiter.
Ist unser Hund in diesem Verhalten erfolgreich, nehmen wir hier mal das Beispiel eines Jagdhundes, der erfolgreich ein Beutetier fing, wird die Handlungsbereitschaft des Hundes wieder reduziert. Also wird das Objekt der Begierde erreicht und der Hund hat seine Befriedigung, erlischt die Appentanz. Sie erinnern sich?
Reiz –> Handlung –>Befriedigung.
Das Verhalten an sich läuft immer auf die gleiche Art und Weise ab, die Modalität ist also immer die gleiche. Ich finde, die Hunde handeln nicht viel anders, als die Menschen, oder? Wenn ich mir überlege, dass ich einen Reiz bekomme, bspw. sehe ich einen Schatten vor dem Fenster. Was mache ich? Ich reagiere, ich gehe hin und schaue so lange, bis ich weiß, was dieser Schatten ist. Darauf zeige ich unterschiedliche Verhalten. Entweder ich verstecke mich – ich flüchte – oder ich schreie ganz laut um Hilfe … oder aber ich bin mutig und gehe zielstrebig vor, zu allem bereit. Wenn ich dann ein Ergebnis habe – es war nichts, oder aber ich habe etwas vertrieben -, dann fahre ich wieder alles auf Null, setze mich vielleicht bequem in den Sessel und reagiere im Grunde erst wieder bei einem neuen, anderen Reiz.
Die Handlungsbereitschaft des Hundes an sich wird auch kontrolliert. So ist der Hund in der Lage, seine Handlung abzubrechen oder aber in ein anderes Verhalten zu ändern.
Ein Beispiel dazu gibt die Vorstellung, dass Ihr Hund die Nahrungsaufnahme sofort unterbricht, wenn er eine bedrohliche Situation wittert. Beispiel: Meine Hunde werden die Nahrungsaufnahme direkt einstellen, wenn plötzlich ein fremder Mensch in den Raum tritt. Oder aber ein weiteres Beispiel: Die Hunde gehen einer Fährte nach und plötzlich setzt starkes Unwetter ein. Sie werden direkt abbrechen und sich entsprechend der gegebenen Bedingungen anpassen – wahrscheinlich Unterschlupf suchen.
Fast verstanden? Ich versuche es noch mal:
Ein Appetenzverhalten tritt ohne Vorliegen auslösender Reize auf. Es ist unspezifisch und sehr variabel. Sein Ablauf wird durch Außenreize und Erfahrungen beeinflusst.
Ein Schlüsselreiz löst über einen angeborenen auslösenden Mechanismus (AAM) die Handlung aus.
Ein Beispiel, das in der Biologie gerne genommen wird:
Eine Kröte ist „hungrig“. Dieses Hungergefühl hat eine hohe spezifische Handlungsbereitschaft ausgelöst. Sie verlässt ihr Versteck, durchstreift ihr Jagdrevier und verharrt an einer Stelle in Wartestellung. Das ist das Appetenzverhalten, zu diesem Zeitpunkt – das ungerichtete.
Sobald eine Fliege in ihr Blickfeld summt, wendet sie ihren Körper der Fliege zu und fixiert sie. Das ist das gerichtete Appetenzverhalten.
Die Fliege liefert der Kröte eine Fülle von Informationen (Größe, Geruch, Form), an denen sie diese als Beute erkennt. Die Gesamtheit dieser Informationen ist der Schlüsselreiz.
Also: Das Verhalten geht von der Kröte aus, der Reiz kommt von der Fliege.
Das heißt noch mal genauer:
Die Kröte hat Hunger. Das führt zur inneren Handlungsbereitschaft. Daraus folgt der Platzwechsel, also die Kröte macht sich auf den Weg sozusagen, das ist das Appetenzverhalten: hier ein Suchverhalten.
Es folgt ein Reiz, nämlich der 1. Schlüsselreiz: Es ist die Bewegung der Fliege, die die Kröte wahrnimmt.
Der angeborene Auslösemechanismus sorgt dann dafür, dass sich die Kröte im nächsten Schritt in Richtung Fliege ausrichtet; sie quasi fixiert.
Der 2. Schlüsselreiz ist die Form der Fliege. Hierbei löst der angeborene Auslösemechanismus das Fangen und Fressen der Fliege aus.
Ein weiteres Beispiel:
Der Hunger oder auch Langeweile führen zu einem gezielten Suchen von Fährten, Spuren. Nimmt der Hund Witterung auf, beginnt er, dieser Spur hinterher zu gehen. Kommt er seinem Ziel nahe, wird er die Beute ergreifen. Daraus resultiert (normalerweise, bei unseren Haushunden nicht wünschenswert) das Töten der Beute. Das wiederum bringt die Befriedigung des Bedürfnisses „Hunger“ und beendet die Reaktionsfolge.
So können wir feststellen, dass der Trieb ein Appetenzverhalten auslöst.
Im nächsten Teil: Selbsterhaltung und Arterhaltung
Teil 1: Die Triebe der Hunde – Einführung
Teil 2: Was ist ein Trieb?
Teil 3: Das Appetenzverhalten