Relaxed Dog Kurs – Was ist denn das? Bringt der was?
Relaxed Dog Kurs: Soooo…. es folgt ein etwas längerer Bericht, daher empfehle ich, macht es euch gemütlich, kocht euch ein Tässchen Tee, schnappt euch ein paar kleine Snacks für zwischendurch und dann geht es los:
Also, um zu verstehen, warum wir den Relaxed Dog Kurs besucht haben und was er uns persönlich gebracht hat, muss man einige Dinge vorher wissen:
Mein kleiner Mikado hatte leider keinen so guten Start ins Leben, auch wenn das alles natürlich ganz anders geplant war …
Im Juni 2016 auf die Welt gekommen waren seine ersten 1 1/2 Jahre leider von unterschiedlichen Krankheiten geprägt. Er hatte in dieser Zeit kaum bis gar keinen Kontakt zu anderen Hunden (außer meinen eigenen), da er zunächst krank und damit ansteckend war und danach ruhig gehalten werden musste, da es nötig wurde, dass er an beiden Ellenbogen operiert wurde. Daher konnten wir eigentlich erst seit Anfang Februar 2018 so richtig mit dem Training und dem Entdecken der großen weiten Welt beginnen. Er hat also die ersten 1 1/2 Jahre kaum etwas erlebt … Und genau deswegen sind die in dieser Zeit passierten Negativerlebnisse für ihn derart gewichtig: Zweimal wurde Mikado von nicht angeleinten und nicht abrufbaren Hunden angegriffen und teilweise verletzt, einmal meinte ein Bekannter, er müsste uns Zuhause erschrecken und plötzlich schnell, drohend und mit erhobenem Arm auf uns zu stürmen. Er fand es lustig, hat es auch bestimmt nicht böse gemeint, trotzdem hatte er großes Glück, dass ich Mikado noch greifen konnte…. Mikado entwickelte sich aufgrund dieser Vorgeschichte nach und nach zu einem sehr sensiblen, feinfühligen, unsicheren, ängstlichen bis panischen Vierbeier, welcher nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ massiv knurrend, bellend und drohend in die Leine stieg. Ansprech- oder lenkbar war er in diesen Momenten gar nicht mehr.
Egal, ob Spaziergänger*in, Radfahrer*in, Hunde oder alles, was sonst nicht so ist wie zB ein Motorroller, welcher auf unserer Gassitour da sonst nicht am Wegesrand steht, alles wurde massivst bedroht. Spaziergänge mussten genau geplant werden und glichen teilweise einem Spießrutenlauf.
Als ich dann auf der Website www.candog.de den folgenden Text entdeckte, ging mir dieser Relaxed Dog Kurs einfach nicht mehr aus dem Kopf, so dass ich Vivien Buckendahl über Facebook kontaktierte. Der erste Kontakt war supernett und am besten mit den Worten „herrlich unkompliziert“ zu beschreiben. Nach diesem so positiven ersten Kontakt hatte ich ein sehr gutes Bauchgefühl und meldete mich und meinen kleinen Mikado bei dem Relaxed Dog Kurs an. Ich warnte Vivien noch vor meinem kleinen „Chaosköter“ und vor unseren vielen Baustellen, bekam aber als Antwort nur ein „Dann seid ihr bei uns tatsächlich richtig gut aufgehoben“.
Also, hier der Text zu dem Kurs, der mich einfach nicht mehr los ließ:
So, also wenn das mal nicht gut klingt … aber ist es auch realisierbar?? Na, zumindest würden wir vielleicht das ein oder andere mitnehmen können und schlimmer ging es eigentlich kaum noch … wir hatten also wenig zu verlieren, aber sehr viel zu gewinnen …
Einige Tage nach der Anmeldung erhielten wir per E-Mail den angekündigten Fragebogen
Hier wollte man wissen:
- Eckdaten Hund: Name, Alter, Geschlecht, Rasse.
- Was müsste passieren, damit du am Ende des Kurses zufrieden heim fährst?
- Gibt es Wünsche oder Anliegen, die wir im Kurs mitbedenken sollten?
- Was klappt mit deinem Hund als Team schon richtig gut?
- Was sind Stärken / Talente deines Hundes?
- Wo sind bei deinem Hund noch „Lernfelder“ offen?
- Wie würdest du deinen Hund charakterlich beschreiben?
- Und abschließend: Wie würde dein Hund dich beschreiben ? 🙂
Alles wurde fix geantwortet und die Spannung stieg. Bald ging es endlich los …
1. Relaxed Dog Kurs – Trainingseinheit am 11.04.2018 (Ort: Parkplatz hinter Möbel Kibek in Elmshorn)
Hier trafen wir uns alle etwas angespannt auf dem Parkplatz. Die Hunde waren schon fast alle recht aufgeregt bis auf bei einer Teilnehmerin, welche vorher bereits einmal diesen Kurs besucht hatte. Wir standen alle mit unseren Hunden in einem großen Kreis. Es stellten sich dann zunächst die beiden Trainerinnen Vivien Buckendahl und Melanie Kubern vor. Zwei Aussagen ließen mich hierbei besonders aufhorchen:
1. Sie erklärten, dass sie jemanden, der ihren Hund blöd findet, ebenfalls sofort nicht leiden könnten. So etwas solle es in diesem Kurs nicht geben. Jeder Hund sei besonders und jeder Mensch ebenso. Hier würde jeder so angenommen, wie er sei.
2. Wir Hundehalter*innen leben mit unseren Hunden tagtäglich zusammen. Wenn Vivien oder Melanie nun einen Trainingsweg vorschlagen, welcher eben nicht so „unserer“ ist, dann wäre dies gar kein Problem und wir bräuchten uns keine Sorgen zu machen, wenn wir sagen, dass wir das so nicht machen möchten.
Da es häufig Trainer*innen gibt, die auf ihren Standpunkten beharren, gefiel mir diese Äußerung ganz besonders. Ich dachte in dem Moment „Ja, hier bist du richtig.“
Nachdem sich Vivien und Melanie vorgestellt hatten, war jede*r Teilnehmer*in an der Reihe. Alles dies geschah ohne Hektik und ganz in Ruhe, so dass nebenbei die Hunde hier in der Gruppe, in dieser für sie merkwürdigen bis stressigen Situation ankamen … und…. es passierte einfach gar nichts…. die Zweibeiner standen nur in der Gegend herum und redeten…. Mikado war anfangs sehr gestresst: fremde Hunde, fremde Menschen, fremde Situation…. Zu meiner Überraschung konnte ich mit ihm gleich am Start relativ ruhig zur Gruppe in den großen Kreis gehen. Mikado war zwar sehr aufgeregt und nervös, stieg aber nicht in die Leine und fing nicht an zu knurren oder kläffen. Während wir redeten wurde er dann zunehmen ruhiger. Er machte die Erfahrung, dass einfach gar nichts (Schlimmes) passierte.
Nach der Begrüßungsrunde kam dann die erste kleine Übung: wir sollten ein Leckerli in der Hand vor uns halten und den Hund dann belohnen, wenn er nicht das Leckerli, sondern uns direkt anschaut. Mikado kannte diese Übung bereits und hatte hier keinerlei Probleme, sofort den Blickkontakt zu mir herzustellen.
Anschließend brachten wir unsere Hunde zunächst einmal alle ins Auto.
Vivien und Melanie erklärten dann wie man die Hunde dazu bringt, dass sie sich am Menschen orientieren und an lockerer Leine laufen. Es sollte zunächst ein Ritual aufgebaut werden: Der Hund soll neben einem sitzen, man selbst soll sich erstmal „Zeit für sich“ nehmen, tief durchatmen, zur Ruhe kommen und dann den Hund körpersprachlich auffordern, mit ihm gemeinsam loszugehen.
Man bildete Zweierteams, einer war der Hund, der andere der/die Hundeführer*in. Vivien war so lieb, diese Übung mit mir zu machen und spielte meinen Hund. Prima fand ich da den Hinweis, dass man bei so einer Übung keine Leckerlis geben sollte. Zitat Vivien: „Du bist viel interessanter als irgendein Leckerli.“
Nach dieser „Trockenübung“ holte eine*r nach dem/der anderen seinen/ihren Hund aus dem Auto. Vivien hatte zwei Kegel in einer kurzen Entfernung von ca 5-6 Metern aufgebaut. Hier sollte man beim ersten Kegel anhalten, ruhig das Ritual durchführen und dann, wenn man so weit war, mit dem Hund losgehen, einmal zum anderen Kegel und wieder zurück. Eigentlich ganz simpel…. eigentlich…. Ich rechnete schon damit, dass Mikado in so einer Situation einfach nur nach vorn in die Leine stürmen würde, aber durch den sehr ruhigen Aufbau klappte es tatsächlich relativ gut. Vivien und Melanie hatten da viele gute Hinweise für mich. Die zwei ergänzen sich prima und sind ein perfektes Gespann. Als wir mit der Übung durch waren, brachte ich Mikado wieder ins Auto. Ein Mensch-Hund-Team nach dem anderen absolvierte diese Übung. Und jede*r einzelne Teilnehmer*in bekam seine/ihre nur für ihn/sie und seinen/ihren Hund passenden hilfreichen Hinweise. Es gab einfach keinerlei Standardtips. Das Training war außergewöhnlich individuell. Hier zeigte sich dann auch, dass sowohl Vivien als auch Melanie die vorher geschickten Fragebögen genau gelesen hatten und diese immer im Hinterkopf hatten.
Es folgte eine Abschlussrunde, in welcher jede*r gefragt wurde, „wie und mit welchem Gefühl er/sie jetzt nach Hause geht, welchen Eindruck man von dieser Trainingsheit“ hätte. Hier wurde dann noch einiges besprochen und dann fuhr ich tatsächlich müde, geschafft und kaputt Richtung Heimat…. Dabei war doch eigentlich gar nicht viel passiert – und das war gut so…..
Die Woche nach dem Kurs war bereits für uns viel ruhiger…. Bezeichnend gleich eine Begebenheit, welche sich am ersten Tag nach der ersten Trainingseinheit abspielte: Ich war mit meinem 3 Aussies auf dem Rückweg von einem Spaziergang und ging just an dem Grundstück meiner übernächsten Nachbarn vorbei, als die Haustür aufgerissen wurde und ein männlicher Besucher schnell aus dem Haus zu seinem Auto lief…. Problem war: das Auto stand fast direkt neben uns. Somit lief der Besucher nicht nur auf sein Auto sondern auch direkt auf uns zu.
Hätten wir diese Situation vor zwei Tagen gehabt, so wäre Mikado komplett ausgeflippt…. Jetzt?? Schaute er kurz zu dem Mann, der da angelaufen kam, fand ihn nicht weiter wichtig und ging einfach weiter…… öhm was?? Ich war erstaunt… perplex und ein wenig sprachlos…. War das Zufall?? Nein, die Woche war insgesamt tatsächlich deutlich entspannter…. und das bereits nach einer ersten Trainingseinheit…
2. Relaxed Dog Kurs – Trainingseinheit am 18.04.18 (Ort: Parklplatz hinter Möbel Kibek, Elmshorn)
So, dieses Mal wusste man schon in etwa, was auf einen zukommt, daher war die Anspannung nicht ganz so groß und wich eher Vorfreude…. was würden wir heute lernen? Beim Ankommen bellte Mikado kurz zwei der Hunde an, dann war er ruhig und entspannte sich. Auch jetzt stellten wir uns wieder zunächst in einem großen Kreis auf und jede*r einzelne erzählte, wie seine/ihre Woche war. Dann wiederholten wir die Übung zur Leinenführigkeit, welche wir bereits in der Vorwoche gemacht hatten…. mit einem Unterschied: dieses Mal sorgte Vivien für Ablenkung und hockte sich in die Nähe des Kegels, um den man eigentlich laufen sollte. Auch hier zeigte sich wieder, wie indidivuell das Training ist und wie sehr die Trainerinnen bei jedem mitdachten: Als wir an der Reihe waren, hockte sich Vivien dort gerade nicht hin, da Mikado Menschen bedrohlich empfindet. Meine Art des Führens wurde von Melanie und Vivien korrigiert und ich bekam wieder einige hilfreiche Hinweise.
Jede*r Teilnehmer*in hatte die Aufgabe gehabt, eine Decke mitzubringen. Vivien und Melanie erklärten den Sinn und Zweck einer Ruhedecke und wie man diese am besten und sinnvollsten aufbaut. Dies versuchte dann jede*r mit seinem/ihrem Hund und seiner/ihrer Ruhedecke. In dieser Trainingseinheit ging es dann selbstverständlich nicht darum, dass der Hund dann gleich sicher liegt, sondern vielmehr darum, dass uns Zweibeiner klar ist, wie wir das Training die Woche über bis zum nächsten Treffen gestalten können. In den vielen ruhigen Pausen, wenn andere grad die Übungen machen durften, schaffte es Mikado tatsächlich 2 x, sich komplett entspannt auf die Seite zu legen, um sich den Bauch kraueln zu lassen…. So was wäre vorher in der Anwesenheit fremder Menschen und Hunde absolut undenkbar gewesen…
Es folgte wieder die Abschlussrunde: „Wie geht ihr jetzt nach Hause, welches Gefühl habt ihr?“ Jede*r erzählte wieder, welchen Eindruck er/sie gehabt hat und dann ging es Richtung Heimat.
Auch diese Woche war für uns wieder viel ruhiger…. wir trafen auf einem Spaziergang z.B. eine ganze Gruppe von Fahrradfahrer*innen, welche sehr gut gelaunt und dementsprechend auch etwas lauter waren….. für Mikado überhaupt kein Problem mehr…. auch trauten wir uns mal wieder durch das Nachbardorf…. die Hunde, die da immer hinter den Zäunen auf den Grundstücken bellten, auch diese interessierten Mikado nun nicht mehr… ein kurzer Blick zu mir und wir gingen einfach entspannt an den Hunden vorbei.
3. Relaxed Dog Kurs – Trainingseinheit am 25.04.2018 (Ort: Sommerland)
Beim Eintreffen in Sommerland musste man sich ersteinmal in Ruhe umschauen: Welch ein traumhaftes Fleckchen Erde!! Dann ging es mit Hund und Ruhedecke auf die Wiese. Jede*r suchte sich eine schöne Ecke und – wie immer – starteten wir mit der Begrüßungsrunde: Wie war die Woche? Danach kam die erste Übung: Hier sollte der Hund ruhig auf der Decke liegen bleiben, auch wenn Vivien und Melanie sich frei zwischen den Decken bewegten und auch auf einen zukamen, um einen zu begrüßen. Auch hier blieb Mikado nun tatsächlich total entspannt – ja eher freundlich interessiert und kein Stückchen ängstlich. Melanie kam dann auch gleich mehrmals aus unterschiedlichen Richtungen, um mich zu begrüßen, zuletzt sogar so, dass sie über Mikado herübergreifen musste. Er blieb aber total entspannt. Melanie konnte sich dann im Verlauf des Trainings sogar neben ihn hocken und er nahm von sich aus Kontakt zu ihr auf. Sie konnte ihn problemlos streicheln und Mikado war freudig interessiert. Herrlich!
Während die Hunde dann entspannt auf ihren Ruhedecken lagen, erzählte Vivien uns sehr viel über Impulskontrolle und welche unterschiedlichen Übungen man machen könnte, um diese zu trainieren. Jede*r konnte sich nun die für ihn/sie und seinen/ihren Hund passende Übung aussuchen. Viele wählten die Übung, dass Vivien ein Leckerli in der Nähe des Hundes fallen lässt, dieser aber auf seiner Ruhedecke liegen bleiben muss, ohne das Leckerli zu nehmen. Ich wählte für Mikado zum einen den Quitscheball und zum anderen das Stück Schaffell an der Schnur. Melanie warf den Ball an uns vorbei und auch auf Mikado zu, so dass er Ball leicht an seiner Hinterhand zu liegen kam. Mikado blieb artig liegen. Die kleinen Sabberfäden verrieten seine Anspannung, aber er macht es ganz toll. Melanie quitschte dann noch einige Male den Ball und wechselte dann zum Fell an der Schnur. Auch dieses konnte sie vor Mikado herziehen, ohne dass er aufstand.
Es folgte wieder die Abschlussrunde und es ging wieder ab nach Hause.
Nach diesem dritten Training war unsere Woche wieder sehr entspannt. Es gab keine besonderen Vorkommnisse …
4.Relaxed Dog Kurs – Trainingseinheit am 02.05.2018 (Ort: Sommerland)
Auch hier starteten wir wieder mit den Hunden auf ihren jeweiligen Ruhedecken mit unserer Begrüßungsrunde. Im Anschluss daran ging es zurück zum Auto und es wurde das ruhige Ein- und Aussteigen geübt. Während ein*e Teilnehmer*in mit seinem/ihrem Hund an seinem/ihrem Auto die Übung durchführte, standen die anderen Teilnehmer*innen mit ihren Hunden auf den Ruhedecken liegend daneben und schauten zu. Auch hier gab es wieder viele hilfreiche Tipps u.a. zur Körpersprache und zum richtigen Timing. Danach ging es wieder auf die Wiese und es wurde nochmals die Leinenführigkeit geübt. Dieses Mal hockte Vivien nicht nur am Ende, nein sie rollte auch an kleines Wagenrad in unsere Richtung. Außerdem mussten wir mit unserem Hund an den anderen liegenden Hunden vorbeigehen. Mikado machte dies ganz toll und vor allem bei der Übung mit dem Rad zeigte er das Verhalten, welches ich als Wunsch bei dem anfänglichen Fragebogen angegeben hatte: Anstatt nach vorn zu gehen auf das sich auf ihn zu bewegende komische Objekt, kam ein Blick zu Frauchen, eine kurze Abfrage und er war sofort wieder entspannt. Leinenführigkeit mit Ablenkung – für Mikado kein Problem mehr.
Es folgte dann unsere Abschlussrunde und uns wurde mitgeteilt, dass der nächste Kurs dann ein Stadtraining wäre … huiiiii …
Auch diese Woche war für uns wieder sehr entspannt. Fremde, unübliche Dinge oder Gegenstände auf unseren täglichen Touren wurden inzwischen von Mikado kurz zur Kenntnis genommen, sie sind aber gar kein Grund mehr, sich in irgendeiner Art und Weise aufzuregen. Auch Hundebegegnungen laufen nun zu 90 % komplett ruhig ab, so dass wir endlich auch wieder ganz normale Wege gehen können, ohne immer darauf bedacht zu sein, anderen auszuweichen.
5.Relaxed Dog Kurs – Trainingseinheit am 09.05.2018 (Elmshorn City)
Wir trafen uns alle am Parkhaus Neuer Markt APCOA, wo wir unsere Hunde zunächst im Schatten auf ihre Ruhedecken legten und über die vergangene Woche sprachen. Mikado war sichtlich aufgeregt und nahm seine Ruhedecke gern an.
Nach der Begrüßungsrunde wurde es dann ernst … es ging Richtung Fußgängerzone. Mikado kennt Stadtgetümmel noch überhaupt gar nicht und so ist es das erste Mal überhaupt, dass er eine Fußgängerzone betritt. Es war superschönes Wetter und dementsprechend war recht viel los. Mikado war schon sehr gestresst und zog eigentlich nur vorwärts, um aus dieser Situation möglichst schnell herauszukommen. Richtig viel wurde es dann für ihn, als wir auf den Platz bei einer Eisdiele kamen. Da wollte Mikado eigentlich nur noch eines: weg … Melanie war in den kritischen Momenten, wo Mikado richtig arg gestresst war, stets an unserer Seite. Ihre Ruhe war dabei sehr wichtig. Auf dem Platz teilte sich die Gruppe dann: die anderen gingen zu der Eisdiele, setzen sich dort, legten die Hunde auf ihre Ruhedecken und bestellten sich ein Eis. Dies wäre für Mikado nicht möglich und viel zu viel gewesen. Daher ging ich mit ihm zur Kirche an dem Platz und legte seine Ruhedecke in einen Mauerwinkel. Melanie und ich hockten uns seitlich vor/neben ihn und schirmten ihn so ab. So konnte er sich das wilde Treiben, die vielen Menschen, die lärmenden Kinder auf dem Spielgerüst anschauen ohne dass ihm etwas passieren konnte. Es dauerte eine Weile aber langsam… ganz langsam entspannte sich Mikado… Vivien war so nett, Melanie und mich auch mit jeweils einem Eis zu versorgen … als alle ihr Eis aufgegessen hatten, kamen sie nach und nach zu uns herüber und legten ihre Ruhedecken in ein wenig Entfernung zu uns ab. Wir unterhielten uns dann noch und es wurde Zeit, langsam aufzubrechen. Mikado wollte hierbei von seiner Ruhedecke kaum aufstehen … Kaum war er von ihr heruntergegangen, drehte er sich auch schon wieder um, um sich wieder auf diese zu setzen. Dies zeigt, wie viel Sicherheit ihm inzwischen diese Decke gibt. Wir gingen dann langsam den gleichen Weg wieder zurück Richtung Parkhaus. Mikado zog nicht mehr an der Leine, war deutllich entspannter als auf dem Hinweg und schaffte es immer wieder, von sich aus Blickkontakt zu mir herzustellen. Nach einer kurzen Abschlussrunde ging es dann zum Auto.
Dieser Relaxed Dog Kurs – Tag war für Mikado sehr viel und an dem Abend war es sehr schwer für ihn, zur Ruhe zu kommen.
Die Woche selbst war dann nachher sehr entspannt. An dem Tag nach unserem Training war Vatertag. Wir trafen auf unserer Gassitour eine Gruppe Männer, welche einen Bollerwagen mit lauter Musik und einer recht beachtligen Anzahl an Bierflaschen hinter sich herzog. Sie waren gut gelaunt und schon etwas angeheitert, lärmten und sangen…. Mikado schaute zwar, war aber total entspannt und sah auch hier wieder keinen Grund, sich aufzuregen. Ich setze meine drei Australian Shepherds am Wegesrand ab, damit die Männergruppe passieren konnte. Da meinte dann einer der Männer zum anderen:
„Da schau mal, die drei Hunde hören besser, als deine drei Kinder.“
Ich freute mich sehr, dass selbst in dieser Situation Mikado ganz entspannt blieb.
Und dann war sie tatsächlich schon da … die letzte Trainingseinheit … so viel ist passiert, so viel hat sich geändert …
6. Relaxed Dog Kurs – Trainingseinheit am 16.05.2018 (Ort: Sommerland)
Bei bestem Wetter versammelten wir uns auf der Wiese im Schatten eines großen Baumes. Die Hunde lagen – wie inzwischen gewohnt – auf ihren Ruhedecken und es folge die Begrüßungsrunde. Über die Woche hatten wir unter anderem als Hausaufgabe bekommen, zu notieren, wann und wo unsere Hunde schlafen und so sprachen wir erst einmal über das Schlafbedürfnis von Hunden. Anschließend zeigte Vivien uns unterschiedliche Entspannungstechniken und Übungen. Alle Hunde und Menschen in der Trainingsgruppe waren komplett still, man hörte nur Viviens Stimme, welche uns durch die Übungen führte. Es war schwer zu beschreiben, das sollte man einfach mal erlebt haben. Bei der einen Übung hatten wir die Augen geschlossen und … waren unseren Vierbeinern ganz nah … Vivien führte uns auch hier durch eine Reihe von Entspannungsübungen und Atemtechniken … irgendwann sagte sie doch tatsächlich „so, dann öffnet jetzt langsam eure Augen“… mein Gedanke:
„Och nööööö, nur noch fünf Minuten …“
Mein Mikado lag während fast des ganzen Trainings auf der Seite, ließ sich den Bauch kraulen und schlummerte vor sich hin … Frauchen ist da, seine Ruhedecke ist da, alles gut, alles ruhig, alles tooootal entspannt … besser geht nicht …
Dann kam Melanie und zeigte an Mikado eine weitere Entspannungsübung. Mikado hatte nun keinerklei Probleme mehr, dass sie auf ihn zuging und ihn streichelte… nein, er nutze sogar die Gelegenheit Küsschen zu verteilen….
Es folgte die tatsächlich letzte Abschlussbesprechung und dann fuhr man wieder nach Hause … Ich bin selten so entspannt nach Hause gefahren … Auf der Landstraße guckten einige ganz böse und frustriert, ich wusste erst gar nicht warum und ehrlich? Es kümmerte mich nicht die Bohne … alles war soooo schön entspannt … Dann wurde mir klar, warum die anderen so wenig begeistert waren: Ich fuhr hinter einem Wohnmobil her, welches auf der Landstraße mit exakt 60 kmh fuhr, obwohl 100 kmh erlaubt waren … Und? Mir egal ich bin einfach gemütlich hinterhergerollt … Zuhause angekommen bemerkte ich, dass für Mikado der Relaxed Dog Kurs nun wirklich zu Ende ist, denn im Gegensatz zu den anderen Trainingseinheiten, nach welchen er immer recht geschafft war, war er nach diesem letzten Training bestens ausgeruht und bereit zu neuen Taten … Also sind wir an dem Abend dann noch eine gemütliche Runde durch den Wald spaziert … in Gedanken noch bei dem Relaxed Dog Kurs … einerseits fast ein wenig traurig, dass er vorbei war und andererseits glücklich, dass Mikado ihn nun nicht mehr braucht …
(Mikado während der letzten Trainingseinheit des Relaxed Dog Kurses)
Gerade vor zwei Tagen hatte ich im Wald dann leider mal wieder das Erlebnis, worüber sich so viele andere Hundehalter*innen auch immer wieder freuen: Ich war mit meinen drei Aussies unterwegs, als plötzlich von vorn querfeldein ein laut kläffender Hund frontal auf uns zugerannt kam. Die Besitzerin des Kläffers rief und klatschte, was den Hund aber herzlich wenig interessierte.
Diese Situation vor dem Relaxed Dog Kurs wäre gewesen:
Mikado wäre in die Leine gesprungen, hätte geknurrt, gekläfft, sich teilweise nur noch mit zwei Pfoten auf dem Boden befunden. Ich wäre umgedreht und hätte ihn hinter mir hergezogen und gezerrt, um aus der Situation zu entkommen.
Die Situation jetzt:
Der Kläffer kam auf uns zu. Ich sagte nur ruhig zu meinen Hunden „Kommt hier“ und bin umgedreht. Hierfür brauchte ich noch nicht einmal die Leine, welche die ganze Zeit locker über den Boden schleifte. Alle drei Hunde drehten sich um. Mikado warf mir einen kurzen Blick zu und wir gingen in die entgegengesetzte Richtung weg. Der Kläffer folgte uns, was Mikado aber gar nicht interessierte. Er hat sich noch nicht einmal zu ihm herumgedreht. Ihm war in dieser Situation sehr klar, dass es nicht sein Job ist, sich um den Kläffer zu kümmern. Mein Aussie Finn blieb dann kurz stehen und fixierte den Kläffer mit ruhiger souveränder klarer Körpersprache. Sofort war Ruhe, der Kläffer wartete noch einen Moment und lief dann – endlich – zu seinem Frauchen.
Was mich persönlich an dieser Situation so freut ist, dass Mikado nun einfach deutlich mehr Lebensqualität hat, weil er eben nicht mehr immer wieder gestresst reagieren muss. Durch Melanie haben wir gelernt, dass ich ihm immer sage, was er tun soll. Darauf kann er nun vertrauen und braucht nicht mehr versuchen die (für ihn bedrohlichen) Situationen selbst zu regeln. Auch habe ich gelernt, ihn vor allem in Bezug auf die Leinenführigkeit entspannter zu führen und ihm nicht immer wieder durch Blicke oder Körpersprache zu verstehen gebe, dass er einen Job erfüllen soll.
Also uns persönlich hat dieser Relaxed Dog Kurs einfach wahnsinng viel gebracht, aber auch die anderen Teilnehmer*innen des Kurses, bestehend aus insgesamt 6 Zwei- und 5 Vierbeinern, haben alle Fortschritte gemacht und jede*r konnte für sich etwas mit aus dem Kurs mit nach Hause nehmen….
Mein Dank gilt den beiden Trainerinnen des Relaxed Dog Kurses
Melanie Kubern
Therapiebegleithundeteams bereichern das Leben von Melanie. Sei es in der Arbeit mit den eigenen Therapiebegleithunden, als auch in der Ausbildung von Menschen, die ihren Hund professionell therapeutisch oder pädagogisch einsetzen möchten. Zu schauen, was genau der Mensch mit seinem/ihrem Hund braucht, um sich gut entwickeln zu können gehört ebenso zu ihren Aufgaben, wie das Coachen von Menschen, die etwas ändern möchten.
- Sozialpädagogin BA & Hundetrainerin
- Dozentin bei Dogument
- Mitinhaberin bei SoulDogs GbR
Ihre Leidenschaft ist das Dogwalken. Seit nunmehr 10 Jahren führt Vivien Hundegruppen mit bis zu 10 Tieren spazieren und achtet dabei auf eine ausgeglichene, harmonische Stimmung in der Meute. Ein großer Wissensschatz hat sich über die Jahre, durch den Umgang mit den verschieden Hunden angesammelt, mit dem sie Menschen hilft, glücklich und entspannt mit ihrem Hund zusammen zu leben.
- Ausgebildete Hundetrainerin & Dogwalkerin
- Mitinhaberin von CANDOG GbR – Hundeseminare
- Inhaberin von DiKE:DOGS