Warum jagen Hunde? Ja, warum eigentlich?
Oftmals ist es natürlich eine Frage der Rasse, ob ein Hund einen ausgesprochenen Jagdtrieb hat oder nicht. Aber auch Anlage, Herkunft, Erfahrungen spielen eine große Rolle. Und die Tatsache allein, dass Hunde eben Hunde sind und sie nun mal auch jagen!
Immer wieder erinnere ich mich an meine aktive Tierschutzzeit, in der ich unter anderem für Jagdhunde ein neues Zuhause suchte oder aber auch Ansprechpartnerin für Halter dieser Rassen war und auch heute noch bin. Was habe ich immer lachen müssen, wenn ich wieder mal einen Anruf erhielt mit sinngemäß den Worten: Frau Thompson, mein Hund jagt, was soll ich denn jetzt tun? Wirklich, liebe Leser, das hat mich amüsiert, denn meine Antwort darauf war eigentlich immer gleich: Herzlichen Glückwunsch, Sie wurden nicht betrogen, haben bekommen, was Sie sich wünschten und „bestellten“!
Nun gut, nun gehört im Leben mit den Menschen natürlich für den Hund dazu, nicht zu jagen, denn dieses ist in der menschlichen Welt ein unerwünschtes Verhalten.
Aber wie sieht es denn bei den Hunden eigentlich so aus, warum jagen sie denn nun? Sie tun es doch sicher nicht aus einem Hungergefühl heraus, auch haben sie keine Langeweile – oder doch?
Lassen Sie uns etwas durch die Geschichte wandern. Vielleicht wird es dann etwas klarer, warum Hunde denn eigentlich nun jagen.
Hunde stammen vom Wolf ab. Sie besitzen ein Raubtiergebiss und ernähren sich von Fleisch. Als sozial lebendes Tier besitzt es Reißzähne und die hat er nicht zur schönen Ansicht. Hunde sind Beutegreifer und somit eben auch Jäger.
Geschichtlich gesehen, haben die Hunde eine zum Überleben mögliche Nahrungsquelle gefunden, die ihnen schnell Energie liefert. Das heißt, sie haben sich dahin entwickelt, dass sie in sehr kurzer Zeit viel fressen und speichern konnten. Im Gegensatz zu Pflanzenfressern, die den ganzen Tag auf Nahrungsaufnahme ausgerichtet sind und dabei eben auch viel Energie dafür aufbringen, sorgen Beutegreifer dafür, also eben auch Hunde, dass sie effizient und effektiv Nahrung beschaffen und aufnehmen.
Gut, aber warum jagen Hunde denn heute noch?
Das Fleisch, Hunde sind, (auch wenn sie im Grunde Allesfresser sind), doch hauptsächlich Fleischfresser, ist auch damals schon nicht von alleine in den Futternapf gelangt. Auch kamen die vereinzelten Beutetiere nicht wie nach einer Menükarte an den Nasen der Hunde vorbei, so dass sie sich aussuchen konnten, wen dieser Tiere sie am besten denn jetzt schnell verschlingen würden. So mussten sie also eine Strategie entwickeln, eine Jagd auf die Beutetiere perfektionieren. Dabei gibt es 2 unterschiedliche Arten von Jagden. Nämlich, die im Rudel für große Tiere und die Einzeljagd, wie beispielsweise das Jagen eines Kaninchens oder die nach einer Maus.
Selbstverständlich war und ist Nahrung tatsächlich überlebenswichtig und zwar nicht nur als Sicherung des eigenen Lebens, sondern eben auch für die Fortpflanzung. So waren Hunde, die im Allgemeinen gute Jäger waren auch diejenigen, die ihre Gene weiter vererbten.
So können Sie sich vorstellen, dass in der Geschichte, nachdem die Hunde Einzug bei den Menschen hielten (ich möchte hier der Einfachheit halber nicht noch mal auf die Geschichte eingehen, wie und wann der Hund zum Hund wurde und nicht mehr Wolf ist), genau diese Jagdeigenschaft selektiert wurde. Sprich, die Hunde, die ein ausgezeichnetes Jagdverhalten zeigten, auch natürlich den Menschen auf der Jagd eine große Hilfe waren, wurden besonders gut behandelt und vermehrt, im späteren Verlauf unter strengen Kontrollen gezüchtet.
Es gibt in der Zucht bestimmte Verhalten, die selektiert werden, aber auch nicht ganz wegzuzüchten sind.
Genetisch bedingt ist und bleibt der Hund ein Beutegreifer und somit Jäger. Gut für den Hundehalter, der darum weiß und schon im frühen Welpenalter anfängt, ein gezieltes Training zu beginnen, um den vierbeinigen Freund, dem es nun mal in der Natur lieg, aufzuspüren, zu hetzten, zu greifen und zu töten, gut zu führen.
Und wenn Sie glauben, dass unterdrückte Triebe, umgelenkte Verhalten, nicht mehr gezeigt werden, lassen Sie sich bitte an einem Beispiel eines Besseren belehren:
Aus dem Nähkästchen geplaudert:
Warum jagen Hunde?
Unser Rüde Zulu wuchs mit erfahrenen Hündinnen gleicher Rasse auf. Sie ließen es nicht zu, dass der Zulu mit ihnen gemeinsam jagen geht. Zulu wurde zu meinem persönlichen Begleithund, war zu meinem Partner auch für die Arbeit ausgebildet und lief jahrelang kaum mehr als 3 – 5 Meter von mir entfernt. Er ging mit mir überall hin, lief mit mir durch die Stadt, fuhr Bahn und Bus, saß in meiner Praxis an meiner Seite oder aber lag in Bereitschaft.
Waren wir draußen in der Natur und im Laufe der Jahre mit immer größerem Hundebestand unterwegs, ließ es ihn unbeeindruckt, wenn die anderen zur Jagd aufbrachen. Er trabte maximal kurz an und war sodann wieder an meiner Seite. Er setzte nie nach, und wenn ein Hase vor ihm saß, ging er hinter meinen Rücken, nach dem Motto: Ihhhh, was ist das denn, mach das weg!
Er galt als jagdlich uninteressiert.
Wir gaben unsere Arbeit auf und änderten unser Leben. Dieses endete oder begann – wie man es betrachten mag – mit einem sehr langen Urlaub in Portugal. Wir fuhren mit 3 Hunden in eine sehr wildreiche Gegend, einsam und verlassen, in der unsere jüngeren Hunde richtig Spaß hatten. Der Zulu fing an, sich auch mal etwas zu interessieren, war aber überhaupt nicht geschickt.
Nach dem Urlaub zogen wir alle zusammen in ein sehr abgelegenes Gebiet, in ein Jagdrevier, in ein Naturschutzgebiet. Da unser jüngerer Rüde ein absoluter Jäger ist und Zulu mit ihm mittlerweile alleine mit uns lebt, wuchsen diese beiden Jungs immer enger zusammen.
Im Laufe der letzten 2 Jahre hat Zulu alles zur Jagd notwendige wieder entdeckt, perfektioniert und ist wieder richtig Hund geworden. Er gehört nicht mehr zur Sorte Hund: Schlipsträger mit rosa Halsband, sondern setzt seine Nase ein, nimmt Witterung auf, kann Fährten riechen, lesen und ihnen nachgehen, ja, auch mal nachsetzen. Er ist kein klassischer Sichtjäger, kein klassischer Fährtenjäger. Tango hat ihm gut Unterricht in allem gegeben und zusammen sind sie nun richtig ausgeklüngelte Jagdpartner. Das Gute allerdings bei dem Zulu ist, dass durch seine Erziehung in den früheren Jahren, er 95 %ig abrufbar ist und sofort abbricht.
Sein Jagdgeschick ist mittlerweile so gut, dass wir auf ihn tatsächlich Acht geben müssen. Er kann nicht mehr einfach nur „mitlaufen“.
Wir erfreuen uns täglich daran zu sehen, wie sehr Hund – wie sehr Jagdhund er wieder ist und wissen mit Bestimmtheit, dass vieles trainiert werden kann, aber das Jagen nicht „aus dem Hund zu treiben“ ist. Diese Gene tragen alle Hunde in sich, selbst die, von denen man es nicht denkt.
Da sich Hunde nun mal eben auf ihre Umwelt einstellen, können einige Triebe in den Hintergrund geraten, aber weg, nein, weg sind sie nicht.