Wenn die Angst vor dem Hund Besitz ergreift
Tierschutz umfasst viele Facetten. In der Nothundevermittlung gibt es vielerlei Gründe, warum ein Hund ein Zuhause sucht.
In meinen vielen Jahren in der Nothundearbeit habe ich unzählige Erklärungen oder Berichte dazu erhalten, warum der Hund ein neues Zuhause sucht.
Unter den Nothunden gibt es reichlich Abgabehunde. Ja, ich mache einen Unterschied zwischen Not – und Abgabehund.
Darunter waren es oft Frauen, die dafür ausschlaggebend waren, dass ihr Hund das bestehende Zuhause verlassen musste. Oft habe ich mit Haltern gesprochen, die manchmal sogar weinten, weil der eigene Hund abgegeben werden musste, da die Frau Angst vor dem Hund hat, mit ihm nicht laufen kann usw. In den Jahren des Tierschutzes gab es dann oft Aussagen wie: „Diese Frauen, immer müssen die Hunde weg, weil die Frauen Angst vor den Hund haben!“
Ja, aber das gibt es wirklich. Ich schildere Ihnen genau eine solche Situation, weil ich denke, dass hier in diesem Bereich auch etwas Wissen für Tierschützer vorhanden sein kann, weil ich glaube, dass sich viele Frauen hier wiederfinden können und weil ich glaube, ein wenig mehr Verständnis für Situationen durch den folgenden Bericht/ die Erzählung fördern zu können.
Und plötzlich kam die Angst.
Sie lebte schon immer mit Hunden zusammen. Ihr Leben war auf eine Hundehaltung ausgelegt und immer wieder half sie auch anderen Hundehaltern bei der Bewältigung von Problemen.
Nicht selten hatte sie Hunde zur Pflege, die nicht immer nur einfach waren. Selbst führte sie einen festen Verband von meist drei eigenen Hunden und hat sie es immer wieder verstanden, auch Rüpel oder gar ängstliche Hunde zu integrieren. Viel Zeit, Schweiß, Liebe und Geld hat sie investiert, um Hunden ein weiteres, manchmal erst dann, gutes Leben zu ermöglichen.
Mit dem einen und anderen Zipperlein stellten sich größere gesundheitliche Probleme ein. Sie verlor etwas an Substanz, an Kraft, an Stärke, auch an der mentalen und psychischen.
In ein Alter gekommen, das sehr gerne in unserer Gesellschaft tot geschwiegen wird und irgendwie unberechtigter Weise noch ein Tabu-Thema darstellt, haben sich zudem die Wechseljahre eingestellt.
Nicht nur, dass durch die gesundheitlichen Einschränkungen Probleme entstanden, dazu eben noch die Hormonschwankungen durch eben diese Wechseljahre, die sie immer weniger zu einem verlässlichen Partner ihrer Hunde machte.
Wechseljahre können schlimm sein und die Frauen, die diesen Beitrag lesen und diese entweder bereits durchlebten oder sich gar in ihnen befinden, werden beipflichten, wenn wir behaupten: Es ist eine sehr schwere Zeit – für alle Beteiligten.
Heiß/ Kalt- Attacken sind dabei das geringere Übel. Oft entstehen durch diese hormonellen Veränderungen aber auch Panik-Attacken.
So war es bei ihr. Panik machte sich breit, Angst hat sie eingenommen.
Zu der Zeit war es ihr nicht mehr möglich, überhaupt noch zu laufen, jeder Schritt fiel schwer und sie stand vor einer großen OP. In dieser eh schon schweren Zeit, die für nach der OP mit ihren Hunden eine Menge Training erforderte, schlich sich plötzlich Angst in ihren Kopf – die Angst vor ihren eigenen Hunden.
Diese Angst wuchs. Täglich – und wurde für alle Beteiligten ein fast unlösbares Problem.
Sie konnte nicht mehr alleine mit ihren Hunden im Haus bleiben. Sie konnte es nicht mehr ertragen, wenn ihre beiden Rüden gleichzeitig zu ihr kamen. Die Angst, die Hunde würden sich beißen und sie wäre dazwischen, war so groß, dass sie oft heulend davon lief.
Sie schaffte es irgendwann nicht einmal mehr, mit ihren Hunden allein in einem Raum zu sein.
Ihr aufmerksamer Mann, der eine Veränderung sehr schnell schon bemerkte, suchte das Gespräch. In jedem Gespräch fiel sie heulend und erschöpft zusammen. Ja, sie liebt ihre Hunde, aber sie konnte sich gegen ihre Angst nicht wehren. Panik und Herzrasen machten sich breit und dieses Problem schien unlösbar. Auf jeder Hunderunde, die sie unter körperlichen Schmerzen täglich versuchte, mitzulaufen, wurde die Angst, die Panik thematisiert und ihr Mann half ihr mit Veranschaulichung, mit Rat und Erklärungen über diese Problematik hinweg zu kommen.
Im Freundeskreis konnte es nicht besprochen werden. Sie galt als taff und Hundefrau. Niemand hätte ihr Problem verstehen können, sich ansatzweise denken können. Auf ein allgemeines Bla Bla hatte sie auch keine Lust und irgendwie musste sie es doch schaffen, die Angst zu überwinden.
Was besser werden sollte, wurde schlimmer. Denn durch ihr Verhalten, durch ihre Panik und Angst, veränderte sie auch ihre Energie und das Verhalten den Hunden gegenüber. Das, vor dem sie Angst entwickelte, trat ein. Ihre Hunde hatten zunehmend mehr Konflikte. Der Auslöser allerdings von Außen betrachtet, war sie. Sie allein hat jeden einzelnen Konflikt herbei geführt. Sie war dafür verantwortlich, dass ihre Hunde instabil wurden.
Wieder folgten stundenlange Gespräche mit ihrem Mann. Wieder und wieder versprach sie, an sich zu arbeiten.
Einen Schlüsselmoment für ihr verändertes Verhalten, ihre Angst, Panik, gab es nicht.
Aber es gab einen Schlüsselmoment, der dafür sorgte, dass sie sich mit der Situation so sehr auseinandersetzen musste und mit sich arbeiten musste und zwar der, als ihr Mann sagte: “Wenn du dich nicht in den Griff bekommst, muss ich die Hunde schützen, was bedeutet, dass der Kleine in ein anderes Zuhause ziehen muss.”
Sie war fertig, fiel in ein tiefes Loch und war fast ohnmächtig.
Nein! Niemals! Niemals würde sie einen ihrer Hunde jemals abgeben. Sie musste kämpfen. Sie musste ihre Ängste in den Griff bekommen und kämpfen. Nur sie alleine hat die Zukunft der ganzen Familie in der Hand. Nur an ihr allein liegt es nun, dass alle wieder stabil und in Ruhe leben können.
Ja, und sie hat gearbeitet. So hart an sich. Sie hat ihr Verhalten ganz bedacht und immer mit klarem Verstand verändert, ihre Energie versucht, zu verändern, neutral zu sein und mit den Hunden gearbeitet.
Sie hat es geschafft. Sie konnte der Angst entfliehen, der Panik den Rücken kehren. Zwei wundervolle Rüden ihr Eigen nennen. Sie hat verstanden, woher diese Angst gekommen ist und wie sie zu bekämpfen ist. Sie hat einen tollen Mann, der ihr dabei half und ihr die nötige Zeit gab.
Die Belohnung sind eine erfolgreiche OP, ein gutes Handling mit den Wechseljahren, ein wunderbarer Mann und zwei fantastische Rüden, die ihr Leben bereichern
Wer sie ist?
Die Autorin dieses Beitrages.
Warum ich darüber schreibe?
Weil ich nicht die Einzige bin. Weil ich anderen Frauen helfe möchte, Mut machen möchte und auch Sie, die Männer, darüber aufklären möchte, dass es wichtig ist, Ihrer Frau zu helfen.
Bitte, resignieren Sie nicht. Arbeiten Sie gemeinsam am Problem und wenn Sie Hilfe benötigen, dann kontaktieren Sie mich bitte.
Ja, ich kenne nun auch diese Problematik!