Immer wiederkehrende Begriffe in der Hundeerziehung
3.3. Systematische Desensibilisierung
In kleinen Schritten sanft zum Ziel.
Die systematische Desensibilisierung findet hauptsächlich in der Verhaltenstherapie Anwendung. Da aber immer mehr Menschen Tiere aus dem Ausland bei sich aufnehmen, die sehr ängstlich sind, muss diese Methode tatsächlich nun auch unter „normalen“ Hundehaltern besprochen werden. Auch für Hundehalter, die einen Hund mit unerwünschtem Verhalten ihr Eigen nennen, das eine Ursache hat und sich dieser bewusst ist, ist dieses Methode sehr hilfreich.
Die Desensibilisierung ist eine sanfte und sichere Art und Weise, bei Hunden Ängste zu überwinden oder bestimmte Ursachen und damit Muster für nicht erwünschtes Verhalten aufzulösen.
Basis für die Systematische Desensibilisierung ist die klassische Konditionierung.
Bei dieser Methode wird davon ausgegangen, dass beispielsweise Angst und körperliche Entspannung nicht gleichzeitig bestehen können. Genauso wenig wie Aggression und Entspannung zugleich entstehen. Das ist für uns alle vorstellbar und geht uns sicher genauso.
Die Vorgehensweise bei der Methode der Desensibilisierung ist folgendermaßen. Weiß man, welches die Ursache für unerwünschtes Verhalten oder Angst ist, setzt man den Hund einen äußerst schwachen Auslöser aus, der also nicht so stark ist, um das zu verändernde Verhalten auszulösen. Ganz langsam steigert man sich, sprich, die Intensität des Auslösers wird gesteigert bis zu dem Punkt, an dem der Hund früher die bestimmten Verhalten zeigte. Aber Vorsicht, man muss immer etwas unter der Schwelle bleiben, also der Angstschwelle oder der Aggressions, – Frustations – Reizschwelle. Nur so ist es dem Hund möglich, sich an den Auslöser zu gewöhnen und sich entweder in dessen Anwesenheit wohlzufühlen oder diesen als nicht mehr bedrohlich zu empfinden – je nachdem in welchem Kontext das Verhalten gezeigt wird.
Wie ich schrieb, ist die systematische Desensibilisierung bei der Arbeit mit ängstlichen Hunden nicht wegzudenken. Aber auch verhaltensauffällige Hunde anderer Ursachen, werden über diese Methode therapiert. Desensibilisierung und Gegenkonditionierung gehen hier Hand in Hand. Hierbei gibt es zwei Unterschiede.
Desensibilisierung: Bei dieser Methode übt man eine schrittweise Annäherung. Immer in so kleinen Schritten, dass keine unerwünschte Reaktion erfolgt.
Gegenkonditionierung: Beim „Verursacher“ des unerwünschten Verhaltens bringt man etwas ins Spiel, das der Hund gern hat oder mag, sei es Futter oder Spielzeug … Das trainiert man so lange, bis der Hund eine Verbindung zwischen dem Auslöser und den angenehmen Dingen herstellt. Ergebnis soll sein, dass sich der Hund anfängt, gut zu fühlen anstatt Verhaltensauffälligkeiten zu zeigen.
Die größte Erfolgschance auf eine Änderung im Verhalten erzielt man, wenn man mit beiden Methoden, sowohl der systematischen Desensiblisierung als auch der Gegenkonditionierung parallel arbeitet.
Zudem ist natürlich gerade in dieser Arbeit enorm wichtig, sich mit diesen Methoden mehr als nur ausreichend zu beschäftigen – halbherziges Wissen kann hier noch größeren Schaden anrichten, und auch die Motivationsbereitschaft der Hundehalter ist von enormer Bedeutung – können und wollen sie wirklich an den Problemen arbeiten? Und es ist ARBEIT!
Für uns ist wichtig zu wissen, dass Verhalten erlernt ist und dementsprechend auch verlernt bzw. neu erlernt werden kann (rezibroke Hemmung).
Welches sind die Voraussetzungen für eine Desensibilisierung?
- Verbindung zwischen unangenehmem Stimulus und anschließender Reaktion
- Lerntheorien: klassische und operante Konditionierung
- Zudem muss das Problem messbar gemacht werden und die Problemaspekte müssen quantitativ registriert werden, das heißt, Auslöser, Verhalten, Konsequenz
Welches sind die 3 Komponenten des Desensibilisierungsverfahrens?
- Hierarchiebildung (Das heißt, zunächst erstellt man eine Angsthierarchie oder globaler, eine Verhaltenshierarchie. Beispiele: Ein Hund reagiert auffälliger auf einen Schäferhund als auf einen Beagle. Oder eine Hündin zeigt mehr Angst vor Männern als vor Frauen …Das sind jetzt mal ganz grobe Darstellungen, um zu verdeutlichen). Es soll also herausgefunden werden, was oder wer in einer Skala die meiste Reaktion auslösen lässt.
- Entspannung – hier muss mit dem Hund eine Entspannungstechnik oder Entspannungsmaßnahme trainiert werden
- Schrittweise Präsentation der Angst einflößenden oder auf das Verhalten auswirkende Stimuli. Das heißt, mit kleinen Schritten, wie bereits schon beschrieben, mit schwachen Auslösern beginnen und immer stärkerer Intensität steigern.
Einzelne Schritte der Verhaltenstherapie
- Konkrete Analyse des Verhaltens
- Lernabschnitte bestimmen und festlegen. Machen Sie sich einen Plan! Das kann nicht aus dem Bauch heraus therapiert werden.
- Durchführung eines Kleinschrittlernens (Desensibilisierung)
- Belastungstraining des neuen Verhaltens , also steigernde Auslöser
- Immer wiederkehrende Wiederholungen und Training, um das neu Gelernte wieder aufzufrischen oder zu festigen.
Eine persönliche Anmerkung, die hier nur sekundär eine Rolle spielt.
Durch meine aktive Tierschutzarbeit habe ich gelernt, dass nicht veränderbares Verhalten, trotz Arbeit an diesem, mit einem Umzug in eine neue Umgebung verschwinden kann.
Es gab Abgaben von Hunden, die Haltern sehr zu schaffen machten. Sie liebten ihren Hund, aber sie wurden mit verschiedenen Verhalten ihres Hundes nicht fertig. Da sich Situationen zuspitzen können und auch eine gewisse Gefährdung mit sich bringen, wurde ihnen zu Abgabe geraten. Gerade auch ältere Hunde mit Verhaltesmustern sind natürlich schwieriger „umzukonditionieren“.
Mit dem Einzug/ Umzug in ein neues Zuhause, haben sich die Karten für diese Hunde neu gemischt. Es erschien für die Hunde einfacher, und für die neuen Menschen dann eben auch, ganz neue Gewohnheiten aufzubauen. Alte Verhaltensmuster lösten sich auf und der Hund war wie ausgewechselt.
Bitte verstehen Sie diese Anmerkung nicht als Aufforderung zur Abgabe!
Zusammenfassend:
Wenn Sie mit Gegenkonditionierung und Desensiblisierung arbeiten möchten, tun Sie das bitte nicht mit Halbwissen. Konsultieren Sie am besten einen Hundetrainer/ Verhaltenstherapeuten und lassen sich unterstützen. Mit ihm zusammen erstellen Sie einen Plan, der umsetzbar ist. Gehen Sie das Thema an, muss es bis zum Schluss auch durchgezogen werden.
Kommentarfunktion ist ausgeschaltet.