Vegetative/Neonatale Phase (1. und 2. Woche)
Mit der Geburt beginnt das Leben in dieser Welt, in den ersten zwei Wochen seines Lebens schläft und trinkt ein Welpe 90 % des Tages.
Er verdreifacht während dieser Zeit fast sein Gewicht und wächst schnell.
Seine Augen und Ohren sind geschlossen, die Interaktion läuft über den Tastsinn und Laute, vor allem Infantillaute.
Nach der Säuberung und Kontrolle durch die Mutterhündin, robbt der Welpe mit aller Entschlossenheit auf dem Bauch zum Bauch der Mutter, um sich dort an die Zitzen zu hängen und seine erste Mahlzeit einzunehmen.
Mit diesen ersten Schlucken der lebensnotwendigen Kolostralmilch, nimmt das Verdauungsystem seine Arbeit auf.
Ein Welpe wird mit verschlossenen Augenlidern und Ohren geboren. Auch sein Geruchssinn ist noch kaum ausgebildet. Wie also findet der Welpe zu den Zitzen? Welche Kräfte treiben ihn überhaupt an,das zu tun? Wieso weiß er, was er tun muss?
Sind Instinkte die Antwort?
Verhaltensbiologisch spricht man von Erbkoordinationen, die die komplexen und schwer durchschaubaren Instinkthandlungen unterteilen.
Eine Erbkoordination ist eine erblich festgelegte Bewegungsweise, die von bestimmten Umweltsituationen (Schlüsselreize) ausgelöst wird und dann zwanghaft und unbewusst abläuft.
Zu den Erbkoordinationen (umgangssprachlich Reflexe-oder instinktverankertes Verhalten), zählen das Saugen, der Milchtritt, das Suchpendeln, alle Infantillaute, das Kriechen und das Kontaktliegen.
Der neurologische Ablauf
Nervenzentren erzeugen ständig Impulse, die zum Ablauf der betreffenden Erbkoordination drängen.
Diese werden von anderen Nervenzentren unterdrückt, sobald über die Sinnesorgane (fühlen, riechen, schmecken, hören) ein passender Schlüsselreiz gemeldet wird, läuft die Erbkoordination ab..
Die Erregungsproduktion läuft stetig, dadurch stauen sich Impulse auf.
Der Welpe wird sensibler und „wahlloser“, wenn längere Zeit kein Schlüsselreiz die Erbkoordination auslöst.
Seine Reizschwelle wird geringer und seine Erbkoordination wird auch bei Reizen von geringer Intensität ausgelöst.
Im Extremfall werden die angestauten Impulse ohne Schlüsselreiz entladen und der Welpe spult sein ererbtes Bewegungs-und Verhaltensmuster ab.»Leerlaufreaktion«
Ein Beispiel:
Die haarlose, warme, weiche, zapfenförmige Zitze ist für Welpen so ein Schlüsselreiz.
Wird sie ihm über Sinnesorgane – in diesem Fall durch den Tastsinn – signalisiert, löst das eine Erbkoordination aus, nämlich das Umfassen der Zitze mit Maul. Der Berührungsreiz wird dann zum Schlüsselreiz, der eine Blockade aufhebt, das Saugen folgt.
Wenn über einen längeren Zeitraum zwischen dem Mahlzeiten kein „Zitzen-Schlüsselreiz“ das Saugen auslösen konnte ,nimmt der Welpe auch andere, weniger ähnliche Dinge als Impulsauslöser an.
Z. B. einen menschlichen Finger,eine Trinkflasche mit Sauger usw.
Kommunikation
Welpen verfügen über eine Reihe von Infantillauten (Laute, die ausschließlich im frühen Lebensstadium vokalisiert werden) und zu den Jammerlauten gehören.
Z. B. bei
- Verlust der Zitze, des Körperkontaktes
- Isolierung/ Suchen der Mutter
- Hunger, Schmerz, Unwohlsein
Diese Laute sind für die Hündin Schlüsselreize.S ie säugt, wärmt und nimmt Kontakt zu ihrem Welpen auf.
Fällt der Welpe aus dem Lager,nstubst oder trägt ihn die alamierte Mutter zurück.
All diese Erbkoordinationen sind sehr wichtig für das Überleben des Welpen.
Dazu gehören auch Bewegungsmuster:
Kreiskriechen
Noch blinde Welpen kriechen nicht geradlinig, sondern immer im Kreis. Es ist auch eine angeborene Verhaltensweise um den Welpen im Lager zu halten und deutet nicht auf ein Koordinationsproblem hin.
Suchpendeln
Auf der Suche nach Wärme oder den Zitzen pendelt der Kopf und manchmal auch der Vorderkörper von einer Seite zur anderen.
Fellbohren
Liegt der Welpe am Bauch der Mutter sucht er mit dem „Fellbohren“, (Hochschieben der Nase unter dem Bauchfell der Mutter) das Gesäuge.
Abstemmen
mit den Hinterbeinen am Boden oder einer Umrandung des Lagers.
Damit bleibt er an der Zitze und kann mit dem Kopf kräftig gegen die Milchdrüsen stossen.
Dies und der Milchtritt (rythmisches Drücken der Vorderpfoten neben der Zitze) regt die Milchproduktion und den Milchfluss an.
Welpen in diesem frühen Entwicklungsstadium verfügen noch über kein Sozialgefühl und gehen Sozialkontakte noch nicht bewusst ein.
Das Kontaktliegen kann auch durch das Einkuscheln in eine Decke (an einen weichen Gegenstand (z. B. einem Teddy) oder den Körperkontakt zu artfremden Lebewesen (z. B. dem Mensch) befridigt werden.
Spürt ein Welpe seine Mutter oder seine Geschwister in der Nähe, tut er alles, um zu ihnen zu gelangen oder sie zu sich zu locken. Hierbei geht es aber weniger um Sozialkontakt, sondern vielmehr um Wärme, Schutz und Nahrung.
Ist ein Welpe isoliert von Artgenossen oder anderen Schlüsselreizen, bleibt er meist passiv.
Ein Sozialbezug existiert ebenso wenig wie ein Interesse an der Umwelt. Diese erste pränatale Lebensphase ist eine Fortsetzung des unbewussten Lebens aus dem Mutterleib.
Die Pflege der Welpen
Die Mutterhündin produziert in den ersten 24 Stunden nach dem Geburtsbeginn eine abführend wirkende Kolostralmilch, durch die – das Darmpech (Verdauungsrückstände aus der vorgeburtlichen Zeit) abgeschieden wird
Alle Ausscheidungen werden von der Hündin sorgsam abgeleckt.
Sie massiert die Bäuche der Welpen mit ihrer Zunge, was den Stuhlgang und das Urinieren der Kleinen erleichtert.
Außerdem säubert sie die Schnauzen der Welpen von Restmilch nach dem Säugen.
Oft sind die Geburt und die ersten Aufgaben danach, so anstrengend und die Mutter so pflichtbewusst, dass sie das Wurflager oft erst nach 20-30 Std. das erste Mal kurz verlässt.
Erfahrene Rüden versorgen ihre Partnerin mit Futter, womit er die Hündin auch milde stimmt, damit er sich den Welpen nähern darf. Er beteiligt sich sofort aktiv an der Welpenbetreuung/-versorgung, wenn sie ihn lässt, wobei er ebenso geschickt und fürsorglich vorgeht wie die Hündin.
Um den 10./13. Lebenstag öffnen sich die Augen und die äußeren Gehörgänge der Welpen.
Visuelle und auditive Reize kann der Welpe jedoch erst gegen Ende der dritten Lebenswoche verarbeiten.