Wie viel Liebe braucht ein Hund – oder wenn Bello sich Ihnen entzieht
Jawohl, wir lieben unsere Hunde und daran gibt’s auch nichts zu rütteln.
Und ja, natürlich wissen wir, dass Mensch und Hund anders ticken. Und ja, auch wissen wir, dass Hunde Liebe und Zuneigung brauchen.
Aber wie sieht es denn mit der Intensität unserer menschlichen, fast schon Überliebe, aus? Glauben Sie nicht auch, dass Hunde unsere menschliche Liebe doch ab und an mal erdrückend finden?
Unsere Liebe zum Hund
Es gibt die unterschiedlichen Liebesbekundungen, auch die Art und Weise, wie wir unseren Hunden Liebe zuteilwerden lassen, unterscheidet sich. Jedoch das Gefühl dabei, das Mensch und Hund empfinden, kann entscheidend anders sein.
Es gibt Menschen, die füttern ihre Hunde aus Liebe fett. Sie meinen, Liebe geht durch den Magen und können einfach nicht damit aufhören, ihrem geliebten Vierbeiner stets und ständig irgendwas zwischen die Lefzen zu schieben, obwohl sie strengste Diät halten müssten.
Andere wiederum können ihre Hände einfach mal nicht von ihren Hunden lassen, müssen sie immerzu begrabbeln und anfassen – ja, ich weiß ja, sie lieben ihren Hund. Schon gut!
Für andere Menschen ist ihr Hund eine Art Ersatzbefriedigung. Sie müssen kompensieren, was dem Menschen fehlt.
Unsere Liebe zum Hund
Ja, und natürlich dann in dem Zusammenhang dient der Vierbeiner gerne eben auch als Ersatzpartner. Singlemenschen neigen dazu, ihre verfügbare und nicht abgerufene Liebe auf den Hund zu übertragen.
Bitte missverstehen Sie mich nicht. Alles in allem und gut portioniert, wären all diese Gründe überhaupt gar kein Problem, wenn der Mensch an sich nicht zu oft zu Übertreibungen neige.
Hunde mögen natürlich Zuneigung und sie brauchen auch Liebe. Das steht außer Frage. Aber, zu viel des Guten kann den Hund auch von ihrem/ ihren Menschen entfernen. Je mehr Halter ihren Hund an sich binden möchten und ihn mit ihrer unendlichen Liebe überschütten, um so mehr kann er sich entziehen, ihnen sogar eine Art von Antipathie gegenüber entwickeln.
Glauben Sie mir bitte, auch das habe ich in den Jahren meiner Arbeit mit Menschen im Umgang mit ihren Hunden gesehen. Als Problem wurde mir oft mangelnde Bindungsbereitschaft vonseiten des Hundes angegeben.
Da ich im Grunde nicht mit den Hunden arbeite und mich ja bekanntlich auch nicht als Hundetrainer auf dem Markt etabliere, liegt die Vermutung nah, dass ich mir selbstverständlich zunächst mal das gemeinsame Leben von Mensch und Hund anschaue.
Und hier habe ich dann auch sehr oft schon das Übel aller Dinge zu fassen: Erdrückende Liebe, falsche Liebe, grenzenlose Liebe, die den Hund absolut überfordert.
Dabei ist das den ganzen Tag auf den Hund Einreden noch das kleinere Übel – der Vierbeiner kann ja auch mal weghören, versteht ja eh nichts als das ständige nicht endende Geplapper von den Menschen.
Unsere Liebe zum Hund
Aber was ich dann so oft auch sehe ist, dass Menschen ihre Hände nicht von ihren Hunden lassen können, körperlich sind und ihre Hunde ununterbrochen fast begrenzen. Sie müssen, egal wo er sitzt, steht, liegt, ihren Hund anfassen, streicheln, ansprechen, den Kopf in ihre Hände nehmen und auf die Stirn küssen, ihn umarmen … Na, Sie wissen ja selbst, was Sie alles mit Ihrem Hund so machen, oder? Lach …
Denken Sie bitte bei allem auch an Ihre Kinder. Sie sind Liebe pur und haben sehr viel zu geben …
Mal im Ernst. Wenn Sie Ihrem Hund zu viel Zuneigung und Liebe geben, ist es nicht unnormal, dass er sich von Ihnen entfernt. Ein ablehnendes Verhalten kann vorprogrammiert sein.
Das Fatale jedoch bei Menschen ist ja, dass sie merken, wenn sich ihr Partner Hund distanziert und sucht natürlich nicht den Grund bei sich, sondern meint, noch mehr Liebe schenken zu müssen. Ja, ich weiß, so sind wir Menschen eben. Wir müssen doch hin und gucken, was er hat, ihn vielleicht auch noch mitleidig anschauen und fragen: „Was hat mein Schatz denn?“ Wieder rein in die Individualdistanz und natürlich selbstverständlich überschritten! Und schon geht’s wieder los mit Bekuscheln, Knutschen, Betatschen usw.
Aber bitte, liebe Leser, Hunde mögen das eigentlich nicht so sehr. Ja klar, es gibt auch die Kuschelbären, die sich selbst einladen und von unserer liebevollen Aufmerksamkeit nicht genug bekommen können, aber das ist nicht der Normalfall.
Versetzen Sie sich doch bitte mal in die Lage des Hundes. Und denken Sie, wie es wäre, wenn IHR Partner so besitzergreifend wäre. Wenn er immerzu an Ihnen rumtüddelt, Sie immerzu, egal wie Sie so drauf sind, anfassen muss, Sie knutschen will, sie ständig aufhält und umarmen möchte. Sie möchten vielleicht Ihren Mittagsschlaf machen? Ja? Nun stellen Sie sich vor, Ihr Partner käme und und fummelt immerzu an Ihnen rum, redet auf Sie ein und Sie kommen nicht zur Ruhe … Würde Ihnen das gefallen? Ich glaube nicht.
Liebe und Zuneigung soll von beiden Partnern gewünschte werden.
Fakt ist, je mehr Sie versuchen, Ihren Hund mit Ihrer Liebe zu erdrücken, umso mehr wird er sein Distanz-Verhalten verstärken.
Und wissen Sie, was auch oft verkannt wird? Es gibt Hundehalter, die ihre Hunde mit ganz viel Spielzeug beschäftigen. Da gibt es den Ball, die Quietschehenne usw. Die Hunde fahren total darauf ab und freuen sich vermeintlich wie verrückt, wenn Sie damit ankommen. Ihr Hund gibt alles. Schleimt sich fast bei Ihnen ein, wenn er nicht schon einfordert … und dann der Fehler: Einige Hundehalter glauben, damit auch die Liebe ihres Hundes bekommen zu haben. Nein, leider nicht, denn entziehen Sie dem Hund diese Spielsachen wieder und räumen weg, ist oft eben auch das Interesse an Ihnen, den Menschen, verflogen … Also auch hier ist der Versuch, Bindung zu schaffen, oft missverstanden.
Und bitte eines möchte ich nicht vergessen, auch zu schreiben, denn das liegt mir wirklich sehr am Herzen.
Immer mehr Menschen sind bereit, einen Nothund bei sich aufzunehmen. Nun sind wir ja Menschen und können nun mal nicht aus unserer Haut und haben auch diese tiefen Gefühle – Mitgefühle. So lesen wir vielleicht sogar vorher vom Schicksal des Hundes und sind den Tränen nah. Und dann ist er da – der Hund, auf den man sich vorbereitet hat, auf den man gewartet hat, um den man vielleicht sogar auch gekämpft hat.
Und hier sind nun wieder die ersten Fehler. Man möge meinen: Er kam – sah – und nein, siegte nicht – er flüchtete – vor den Menschen. (Das gilt nicht für die Hunde, die entlaufen – das meine ich in diesem Zusammenhang nicht!)
Diese, unsere menschliche Liebe, können Hunde, die nicht nach und nach daran gewöhnt sind, kaum ertragen, und schon gar nicht verstehen. Die meisten Hundefreunde sind nicht in der Lage, den Hund doch erstmal ankommen zu lassen. Mit singender leidvoller Stimme, in einer Körperhaltung, die dem Hund „Achtung!“ signalisiert, fangen die Menschen an, den Vierbeiner zu bemitleiden, zu bemuttern oder was auch immer … Anstatt den Hund , Hund sein zu lassen, ihm doch nur Sicherheit zu geben, ihm einen Schlafplatz zu richten und ihn bitte auch dort TOTAL und völlig in Ruhe zu lassen, ihm Wasser bereitzustellen und Futter anzubieten, müssen die meisten Menschen ihn sofort mit ihrer Liebe überschütten und machen sich damit jedweden Anfang schon schwer.
Ich appelliere an die Hundehalter, die trotz ihrer Liebe zu ihren Hunden das Gefühl haben, keine so starke und feste Bindung zu haben.
Schauen Sie bitte genau hin. Ist es tatsächlich fehlende Bindung – denn das wird auch oft verkannt oder aber ist es bei Ihnen vielleicht so, dass der Hund sich mit zunehmender Liebesbereitschaft Ihrerseits mehr und mehr distanziert? Dann sollten Sie sich vielleicht doch etwas zurücknehmen, egal wie schwer es Ihnen auch fallen mag.
Bitte bedenken Sie: Nicht nur wir Menschen werten und bewerten Liebe unterschiedlich – auch Hunde haben ein ganz eigenes Liebesempfinden – oder sagen wir hier doch besser – Zuneigungsbedürfnis.
Halten Sie alles gut im Gleichgewicht und Sie bekommen auch von Ihrem Hund die so gewünschte “grenzenlose” Liebe zurück und werden einen treuen Gefährten an Ihrer Seite wissen.