Tier -Suchhunde (Pettrailer) – Chancen und Gefahren
Wenn ein Tier vermisst wird, gibt es einige Möglichkeiten, wie man vorgehen kann, um das Tier zurück zu bekommen. Eine von vielen Möglichkeiten kann in bestimmten Fällen der Einsatz eines Suchhundes sein. Aber nur wohlbedacht eingesetzt ist es eine gute Möglichkeit. Wichtig ist, dass man sich als Hundeführer der Tatsache bewusst ist, dass es nicht ausreichend ist, dass man einen guten Hund am Strick hat und grundsätzlich eine gute Suchenarbeit abliefert. Man muss sich auch des typischen Verhaltens bewusst sein, dass ein Tier, welches sich in solch einer Ausnahmesituation befindet und danach entscheiden, ob der Einsatz eines Suchhundes wirklich Sinn macht. Und man muss dann das Verantwortungsbewusstsein mitbringen, einen Einsatz, wenn nötig, auch kategorisch abzulehnen, wenn ein Einsatz mehr schaden als nutzen würde. Und das sollte er dann auch dem verzweifelten Tierhalter so rüber bringen, dass er das versteht und nicht weitersucht, bis er letztlich dann doch jemanden gefunden hat, der es macht.
Eine solche Situation würde in der Regel dann vorliegen, wenn es sich um ein gesundes Tier handelt, welches vom Wesen her eher unsicher ist und nicht die Gefahr besteht, dass es sich irgendwo festsetzt (etwa durch Verletzung bei Unfall oder weil ein Hund mit Leine entlaufen ist). Bei tendenziell eher sicheren Tieren muss es immer eine Einzelfall-Entscheidung sein, welche auch nicht zuletzt mit dem Suchverhalten des eigenen Hundes zusammen hängt. Dafür muss man sich der Stärken und Schwächen des eigenen Hundes bewusst sein und daran die Chancen einschätzen können und ggf. an einen Kollegen verweisen, der vielleicht gerade für die vorliegende Situation prädestiniert ist.
Warum nun kann der Einsatz eines Suchhundes nun mitunter sehr riskant sein?
Bleiben wir einfach mal beim Beispiel entlaufener Hund. Wichtig ist, sich bewusst zu machen, dass wir bei einem mit uns zusammenlebenden Hund nur einen relativ geringen Teil des Verhaltens über Erziehung und Erfahrungen beeinflussen können. Das sind kaum 10%. Der Rest setzt sich aus zugrundeliegenden Instinkten und, in geringerem Maße mit der Rassedisposition zusammen. Auch wenn wir das oft nicht hören wollen, so geht dieses Verhalten doch auf ursprünglich wölfisches Verhalten zurück. In dieser Ausnahmesituation, in welcher der Hund nun geraten ist, völlig auf sich gestellt, ohne Verbindung zu (s)einem Menschen, ist er darauf angewiesen, möglichst schnell auf dieses im Instinkt angelegte Verhalten zurückgreifen zu können. Dies ist für ihn überlebensnotwendig. Das kann dazu führen, dass er in der Situation Menschen (durchaus auch seine Bezugspersonen) und Artgenossen gerade nicht so toll findet und ihnen ausweicht. Das deutet aber in keinster Weise auf eine fehlende Bindung zu seinen Menschen hin und normalisiert sich, wenn der Hund wieder zu Hause ist, meist innerhalb kürzester Zeit.
Der Hund ist sich in dieser Situation durchaus bewusst, dass er sich in einem fremden Revier befindet, welches möglicherweise von einem anderen Hund besetzt sein könnte. Diesem würde er, um mögliche Kommentkämpfe zu vermeiden, mit denen er seine Kräfte verschwenden würde, eher ausweichen. Somit wird er nicht begeistert sein, wenn man da mit einem Hund, der genau genommen während der Suche im „Jagdmodus“ ist, auf seiner Spur ist. Das vermisste Tier ist in dieser Situation ohnehin in erhöhter Alarmbereitschaft. Von daher wird er es viel früher wahrnehmen, dass man hinter ihm her ist, als dass der Suchhund es überhaupt anzeigen kann. Dadurch treibt man das Tier unter Umständen vor sich her, so dass der Suchhund wegen fehlender Distanzverringerung gar nicht zur Anzeige kommen kann.
Anders als ein vermisster Mensch kann das Tier das herankommende Suchteam nicht als Rettung aus misslicher Lage erkennen, sondern sieht in ihnen eher eine neuerliche drohende Gefahr. Er wird also nicht freudestrahlen am Wegrand sitzen und sich einsammeln lassen, sondern fliehen. Im schlimmsten Fall reagiert er panisch und rennt kopflos davon,
etwa in den Straßen- oder Schienenverkehr, was schnell mit einem tödlichen Unfall für das Tier, im schlimmsten Fall auch zum Verlust von Menschenleben führen kann. Außerdem wird das Tier gezwungen, Ressourcen, die sinnvollerweise in alle zum Überleben notwendigen Aktionen gesteckt werden sollten, in eine sinnlose Flucht zu stecken. Das wird logischerweise die Überlebenschance des vermissten Tieres schmälern. Nicht zuletzt verjagt man das Tier möglicherweise aus einem Gebiet, in welchem es sich relativ sicher gefühlt hat und welches gute Chancen für den Einsatz von Futterstellen und Lebendfalle geboten hätte, um den Hund mit ein bisschen Geduld doch noch zu sichern.
Insofern ist es trotz allen emotionalen Stresses, in welchem man sich als Halter eines vermissten Tieres befindet notwendig, sich den Rat des angefragten Hundeführers zu Herzen zu nehmen, wenn von einem Suchhund-Einsatz abgeraten wird. Das ist in der Regel eine wohldurchdachte Entscheidung, die auch der Hundeführer sich nicht leicht macht und die er im Interesse des vermissten Tieres trifft.
Gute Indikationen für einen Suchhundeinsatz sind:
- schwer kranke Tiere
- Verletzte Tiere (etwa nach einem Verkehrsunfall)
- alte Tiere, die in ihrer Mobilität sehr eingeschränkt sind
- Tiere, die mit Leine entlaufe sind und möglicherweise irgendwo hängen bleiben könnten.
Alle andern Fälle müssen immer Einzelfallentscheidungen sein, denn was für Tier A gut ist, muss bei Tier B noch lange nicht funktionieren. Völlig kontraindiziert ist es, nach verängstigten, unsicheren Tieren zu suchen, da man diese eher in Gefahr bringt, als ihnen zu nutzen.
Wodurch zeichnet sich nun ein gutes Pettrailer-Team aus?
Mit Vorsicht zu genießen sind wohl solche Teams, die mit einer extrem hohen Erfolgsquote in Bezug auf tatsächliches Auffinden des Tieres werben. Viel wahrscheinlicher ist es, dass man am Ende einer Suche das Gebiet relativ gut eingegrenzt haben wird und dann über weitere Maßnahmen, angepasst an die individuell vorliegende Situation nachdenken muss.
Ein guter Hundeführer wird sich sehr genau über das Tier und die Umstände des Entlaufens erkundigen und zwar direkt beim Tierbesitzer und nicht über dritte.
Wenn ein Einsatz abgelehnt wird, wird es in der Regel nachvollziehbar begründet werden. Sollten die Ursachen einer Ablehnung nicht in der Suchsituation, sondern in der persönlichen Situation des Hundeführers zu finden sein (Termine, Einsatzbereitschaft des Suchhundes, Gesundheit etc.) wird wohl in der Regel ein alternativer Kontakt angeboten werden können.
Beitrag: Antje Henze von “Passion 4 dogs”
Fotos: Birthe Thompson