Dominanz
Ausschlaggebend für diesen Artikel war ein Gespräch über Hundeerziehung, in dem die Aussage fiel: Kommunikation statt Dominanz. Das hat mich zum Nachdenken gebracht und mich dazu bewogen, Dominanz näher zu beleuchten.
In der Aussage Kommunikation statt Dominanz werden zwei unterschiedliche Dinge in den Zusammenhang gebracht, die man als Aussage an sich genauer betrachten sollte.
Gern wird in der modernen Hundeerziehung das Wort Dominanz negativ behaftet. Was genau ist denn Dominanz?
Dominanz ist keine Eigenschaft eines Lebewesens, sondern definiert die Beziehung zwischen 2 Individuen. Sie ist zudem zeit- und situationsabhängig.
Ein dominanter Part hat nicht nur Vorrechte, sondern auch ganz klare Pflichten. So muss der dominante, also der Ranghöhere, die Gruppe vor Angriffen schützen oder Auseinandersetzungen schlichten oder für den Zusammenhalt sorgen. Das bedarf einer sozialen Kompetenz, die weit mehr bedeutet als reine Machtausübung des Stärkeren.
Echte Dominanz ist etwas Positives, denn diese gründet sich auf Souveränität und ist vergleichbar mit kompetenter Autorität. Dominanz schafft Ordnung, Sicherheit und Ruhe.
Bei Hunden zeigt sich Dominanz durch verschiedene Dominanzverhalten, die NICHT mit Aggression zu verwechseln sind. Bei den Dominanzverhalten geht es um Rechte und Freiräume. Es wird quasi zugeteilt, ein sogenannter „Spielraum“ festgelegt. Diese Freiheit wird entweder gewährt, begrenzt oder genommen. Die festgelegte freie Entfaltung wird also entweder gestattet, untersagt oder aber zu Teil gewährt; dieses geschieht auf der Basis von Abbruchsignalen, die bestimmte Interaktionen beendet.
Zu dominanten Verhaltensweisen gehören:
– das Verdrängen
– das Festhalten
– das In-den-Weg-Stellen
– die Bewegungskontrolle
– das Runterdrücken
– das In-die-Ecke-Drängen
– das Zwicken
– aber auch die körperliche Auseinandersetzung
Es gibt zudem dominanzanzeigende Verhaltensweisen, die nicht durch Einschränkung gekennzeichnet ist. Hierzu gehören unter anderem das Über-die-Schnauze-Beißen und das Queraufreiten.
Werden Verhaltensweisen eines „Senders“ dem „Empfänger“ gegenüber geduldet und ohne Gegenwehr akzeptiert, ist hier von Dominanz und Subdominanz zu sprechen. Dominanz wird immer nur in eine Richtung gezeigt, nämlich immer von oben nach unten.
Stellen wir also fest,
– dass Dominanz nichts mit Aggression zu tun hat. Ein wirklich dominanter Hund setzt seinen Willen auch ohne Aggression durch (ist das bei uns Menschen nicht auch so?)
– Dominanz wird gezeigt, um ein bestimmtes Interesse durchzusetzen. Man spricht bei Wölfen beispielsweise davon, dass wenn der Wolf sich gegenüber einem anderen zu 80 % der Fälle durchsetzt, dieser als dominant zu bezeichnen ist.
– Dominanz ist keine Eigenschaft. Sie muss getestet und erarbeitet werden.
– Die Dominanz zeigt sich als „formale“ Demonstration durch Ruhe, Abgeklärtheit, Körpersprache- vom Imponieren bis Ignorieren.
– Die anzeigende dominante Verhaltensweise, also die momentan ausgeübte Dominanz, wird beispielsweise durch einen spontan angesetzten Schnauzengriff demonstriert.
Abschließend möchte ich noch ein Beispiel zur positiven Dominanz anfügen, ja, folgendes ist Dominanz.
Sie gehen mit Ihrem Hund laufen, dabei läuft er immer vorne weg, achtet gar nicht mehr auf Sie … Hier sollten Sie einschreiten und Ihre Richtung wechseln und Ihren Weg weiter gehen, bis der Hund Ihnen folgt! Als Belohnung, beim Herankommen, darf er gern ein Leckerchen bekommen, das er sonst nicht erhält, also positive Bestätigung und Untermauern seines guten Benehmens. So agieren Sie auch bei einer Gabelung, Hund läuft rechts und sie schlagen den linken Weg ein. Gleiche Spiel … Ihr Hund muss kommen, auf Sie achten!. Sie haben Ihren Hund also dominiert? Sie zeigen Dominanz? Ja! Sie haben Ihren Willen durchgesetzt. Sie haben als dominanter Part auch dafür Sorge getragen, dass Sie zusammenbleiben, dass Ihrem Hund nichts passiert. Mit Ruhe, Souveränität haben Sie den Hund an sich gebunden und ihn dafür belohnt.
Und steckt in diesem Verhalten dann nicht auch Kommunikation? Haben Sie nicht schlussfolgernd mit Ihrem Hund eine Kommunikation geübt, obwohl Sie Dominanz zeigten?
Allgemein jedoch lässt sich sagen, dass echte Dominanzbeziehungen in der Mensch-Hund-Beziehung eher selten sind. Fakt ist doch, dass wir Menschen das Miteinander und den Alltag bestimmen und der Hund fügt sich in unser Umfeld und Leben ein. So haben wir die Aufgabe, verschiedene Dinge unterschiedlich zu werten und entsprechend zu agieren. Dabei kann man es auch gerne mal bei belanglosen Dingen gut sein lassen. Bei wichtigen Dingen müssen wir uns allerdings durchsetzen und dem Hund klarmachen, dass unser Interesse ein ganz deutliches ist und er zu folgen hat (Dominanz!) Klare Anweisungen sind hier gewünscht. Ein Nein ist ein Nein und kein Vielleicht. Hunde handeln sehr konsequent und erwarten es auch von uns. Alles andere könnte Ihren Hund zudem verunsichern.
Was halten Sie jetzt nach dem gelesenen Artikel von der Aussage:
Kommunikation statt Dominanz?
Dominanz wie auch Aggression oder Beschwichtigung sind bei genauer Betrachtung Kommunikationsweisen, sodass es kein ENTWEDER/ ODER ist, sondern ein UND. Gerade bei Hunden spielt diese Kommunikationsart eine wichtige Rolle, denn innerhalb eines Rudels ist Dominanz ein alltäglicher Faktor der Kommunikation.
Deshalb ist im alltäglichen Umgang mit Hunden auch zu berücksichtigen, dass man Dominanz nicht mit Aggression verwechselt, genauso wie es wichtig ist, dem Hund den überlebenswichtigen Kommunikationsfaktor nicht vorzuenthalten.
Gerade wenn wir großen Wert auf die richtige Kommunikation mit unseren Vierbeinern legen, so sollten wir alle überlebenswichtigen Komponenten der Kommunikation mit einbeziehen.
Bedenken Sie, innerhalb eines Hunderudels/- Verbandes wird ein aggressiver Hund niemals der Ranghöhere sein, da für diese Position Dominanz und nicht Aggression vom Rudel/ Verband gesucht wird und überlebenswichtig ist.