Impulskontrolle – Wildsichtung aushalten
Haben Sie es auch schon bemerkt? Die Landwirte holen ihre Ernte ein und das Wild ist wieder nicht nur im Wechsel zu sehen, sondern Sie haben freien Blick auf die Tiere.
Aber nicht nur um diese Zeit haben Sie damit zu tun, Ihre Hunde im Zaum zu halten. Es gibt auch zahlreiche Vogeljäger, die auch ins Wasser hinterher springen, wenn sie eine Ente sehen, ganze Vogelscharen aufscheuchen, in Brutplätze platzen usw.
Nun sind Sie wieder einmal mehr gefordert, Ihrem Hund zu erklären, dass das Wild da gerne stehen bleiben kann, Enten, Gänse und Co. fliegen dürfen und er sich darum nicht zu kümmern braucht.
Ja, leichter gesagt als getan und Freunde von Jagdhunden, die aber als solche nicht geführt werden oder aber auch Hundehalter, die Vierbeiner führen, deren Passion darin besteht, Wild aufzuspüren und zu hetzen, werden nun wieder intensives Training an den Tag legen (müssen).
Nun heißt es: Impulskontrolle bei Wildsichtung!
Ziel ist es natürlich, das tief verankerte Verhaltensmuster, das Jagdverhalten, zu kontrollieren. Und wir wissen bereits, dass jede noch so kleine Jagdsequenz – dabei spielt es keine Rolle, ob Ihr Hund vorsteht oder hetzt – selbstbelohnend ist.
Dabei ist für Sie auch wichtig zu wissen, dass Impulskontrolle an sich, eine Funktion des Gehirns ist. Wie sich Ihr Hund verhält, die Anwendung dessen, was wir mit ihm trainieren, ist das Ergebnis der Impulskontrolle. Das heißt, Ihr Hund reagiert aufgrund der Lernergebnisse impulskontrolliert und nicht, wie er normalerweise naturgemäß agieren würde.
Im Rahmen der Impulskontrolle kann man gemeinsam trainieren, dass Ihr Hund bei Wildsichtung stehen bleibt und sich nicht in Bewegung setzt. Auch ist es möglich, Ihren Hund auf einen Rückruf oder ein Abbruchsignal zu konditionieren.
Wie können wir nun aber unseren Hunden helfen, sich beherrschen zu lernen? Wie schaffen wir es, dass sie sozusagen ihren Impuls bei Wildsichtung kontrollieren lernen?
Dazu ist es wichtig, dass Ihr Hund lernt, auszuhalten. Er muss es einfach aushalten können, dass unweit von ihm Rehe stehen, Hasen über das Feld rennen, der Fuchsschweif noch zu sehen ist. Impulskontrolle ist selbstverständlich auch im Antijagdtraining das A und O. Hier geht es aber nicht um das AJT, sondern um eine Möglichkeit, mit Ihrem Hund das Aushalten zu trainieren, seinen Impuls zu kontrollieren, dem Reiz zu widerstehen und auszuharren, abzuwarten.
Warum ist das so wichtig?
Nun, wenn Sie sich diese Frage stellen, haben Sie sicher keinen jagdlich interessierten Hund. Alle anderen wissen, dass es unzählige Gefahren birgt, rennt der Vierbeiner bei entsprechendem Reiz wie von der Tarantel gestochen los. Er bringt nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern gefährdet auch andere Lebewesen.
Es spricht für sich, dass Hundehalter mit jagdlich interessierten Hunden absolut wach mit ihren Hunden unterwegs sind. Sie sind vorausschauend, versuchen oft noch vor ihrem Hund ein Reh oder einen Hasen zu sehen, damit sie schnell reagieren können. Besser jedoch ist es, wenn man sicher und entspannt die Natur genießen kann und der Hund gelernt hat, diese wunderbaren Mitgeschöpfe, „auszuhalten“.
Wie kommt man dahin? Was kann man üben, trainieren?
Der Start hierfür ist einfach zu wählen. Sie sollten sich überlegen, was Sie selbst sicher und richtig gut kontrollieren können.
Mag Ihr Hund Bälle oder ein spezielles Spielzeug – prima. Ist das alles nix für Ihren Hund, dann nehmen Sie Futter, dem Ihre Ledernase nicht widerstehen kann.
Nehmen Sie Ihren Hund an eine längere Leine und lassen Sie ihn so entspannt, wie Sie auch sind, neben sich ganz locker und easy stehen.
Und nun geht los!
Ich erkläre es an den Leckerlies, weil ich es in der Praxis nicht anders machen konnte
1. Werfen Sie ein Leckerchen so, dass Ihr Hund ohne Mühe herankommt und es aufnehmen kann. Es muss so geworfen werden, dass die Leine sich nicht strafft! Wiederholen Sie dieses einige Male, aber nicht so lange, dass Ihr Hund jetzt satt ist und das Leckerchen nicht mehr interessant findet.
2. Jetzt nehmen Sie Ihren Vierbeiner wieder in die Ausgangssituation wie bei 1. beschrieben, aber die Leine wird etwas gekürzt. Und zwar soweit, dass Ihr Hund nach dem Werfen nicht mehr an das Leckerli herankommt. Führen Sie nun ein neues Signal ein. Was Sie nutzen möchten, ist Ihnen überlassen. Manche sagen „jetzt nicht“, andere wiederum „warten“ und noch andere sagen schlicht und ergreifend „coooool“.
3. Nun werfen Sie das Leckerchen so, dass Ihr Hund es auch bei straffer Leine nicht erreichen kann. Bleiben Sie, die Leine haltend, kommentarlos stehen und warten, bis ihr Hund „aufgibt“ und dem Leckerchen nicht mehr hinterher will und die Leine wieder locker wird.
4. Steht Ihr Hund nun entspannt mit lockerer Leine, dann können Sie clicken oder schnalzen oder ein Bestätigungswort wie „prima“ oder „gut so“ einsetzen und gehen mit ihm zusammen zum Leckerchen und er darf es dann natürlich auch fressen.
5. Diese Übung ist selbstverständlich mehrfach zu wiederholen.
6. Und nun kommt es auf Sie an. Sie müssen präzise arbeiten. Jetzt wechseln Sie bitte zwischen dem Werfen ohne Ihr Signal und dem mit. Das heißt, werfen Sie das Leckerchen, ohne dem Hund akustisch etwas mitzuteilen, darf er dem Leckerchen hinterher und es sich holen. Setzen Sie aber ein Signal beim Werfen ein, wie oben geschrieben, beispielsweise „warten“, kann er nur an das Leckerchen kommen, wenn er locker und entspannt bei Ihnen steht und wartet, bis Sie eine andere oder gemeinsame Aktion auslösen, also gemeinsam mit ihm hingehen oder ihn schicken.
7. Wenn Sie das alles trainieren, können Sie mit der zunehmender Sicherheit, dass die Übung klappt, das „Warten“ bis er an das Leckerchen kommt, ausdehnen. Ich versuche es mal so zu erklären: Während Sie vorher sagten: „Warte“, er locker stand, dann losgingen, warten Sie jetzt etwas länger, loben ihn auch beruhigend bis Sie dann gemächlich loslaufen …
Klappt das sicher, können Sie diese Übung in anderen Situationen üben. Zunächst natürlich immer mit der Leine, sitzt es, dann natürlich ohne – das ist ja das ersehnte Ziel!!
Selbstverständlich können Sie statt der Leckerchen auch den Lieblingsball Ihres Hundes nehmen und anstatt des Fressens, darf Ihr Hund dann mit dem Ball oder Spielzeug … spielen.
Welche Möglichkeiten zum Trainieren dieser Impulskontrolle haben Sie noch?
Nun, beim Futternapf, wenn Sie raus gehen möchten, beim Ableinen, bei Besuch …
Die Möglichkeiten sind vielfältig.
Ziel ist, dass er, wenn nicht alleine, zumindest nach dem Signal ruhig stehen bleibt und abwartet! Sie lösen dann die Situation und entscheiden die darauffolgende Aktion.
Wenn Sie das alles super trainiert haben und Ihr Hund in der Lage ist, auf Ihr Signal hin stehen zu bleiben, dann können Sie dieses im späteren Verlauf, wenn diese Übung wirklich sicher aufgebaut und das Signal tatsächlich eingeführt ist, bei Wildsichtung Ihren Hund dazu bringen, stehen zu bleiben und sich zu kontrollieren.
Viel Spaß im Training!