Ist ein wenig Vermenschlichen von Hunden denn so schlimm?
Oder, was sich im Onlinepool bei verschiedenen Hundetrainern so nachlesen lässt.
Ich war mal wieder unterwegs im WWW. Habe hier mal geguckt und da mal geschaut. Nach guten Trainern recherchiert und mir natürlich auch einige Blogs durchgelesen.
Es ist zum Teil fast gefährlich, was da so steht. Neben den tatsächlich richtig guten Artikeln und Beiträgen von Hundetrainern, kann man aber auch so viel Schrott lesen, dass es mir schwindelig wird. Das Fatale dabei ist, dass Vieles als FAKT dargestellt wird, das bislang nicht wirklich wissenschaftlich belegt ist und gerade Neuhundehalter zudem verunsichern kann.
Wenn Sie einen Hund bei sich aufnehmen, egal, ob Welpe, einen sogenannten Second-Hand- oder Nothund, sind Sie bereits empfänglich dafür, sich selbst, den Menschen, auszuleben. Und natürlich werden Sie eine Reise durch Ihre Gefühlswelt machen. Und hier fangen wir dann schon an, in die Falle zu treten, nämlich, den Hund zu vermenschlichen.
Aber mal ganz ehrlich, ist ein gewisses Vermenschlichen von Hunden nicht auch menschlich? Ist es nicht so, dass gerade unser Hang, den Hund nicht nur als solchen zu sehen, die Beziehung zwischen uns, nämlich den Menschen und den Hund so besonders macht? Und ja, klar, der Hund kann oft damit gar nichts anfangen, aber solange wir ihm nicht schaden, was soll’s? Ist es wirklich so schlimm? Muss das Wort VERMENSCHLICHUNG denn so negativ behaftet sein oder dürfen wir nicht auch das eine oder adere Mal ein wenig lächelnd unseren Hund sozusagen, vermenschlichen?
Schauen wir uns mal einiges an. Was geht und was sollte aber definitiv tabu sein?
Verstehen Sie bitte, dass ein Hund kein Mensch ist und auch niemals wird. Und da wir nun mal in der Lage sind, uns auf „Hund“ einzustellen, sollten wir auch seine Natur respektieren und mit ihm demnach auch naturgemäß umgehen.
Aber mal von vorne. Damit kein falscher Eindruck entsteht. Viele Hundehalter haben eine Beziehung zu ihren Hunden wie vergleichbar zu einem Kind. Einige sagen auch aus, dass ihre Hunde wie Kinder für sie sind. Demnach ist auch nicht verwunderlich, dass sie sich als Mama oder Papa betiteln. Ich möchte dazu sagen, dass auch ich die Mummi von unseren Hunden bin. Finde das überhaupt nicht schlimm und den Sinn dieses Wortes verstehen meine Jungs sowieso nicht, aber wahrscheinlich gibt es mir ein gutes Gefühl. Wie sollte ich sonst sagen? Komm her zu Birthe? Und mein Mann bringt unseren Zulu so richtig in Wallung, wenn er mal wieder irgendwo schaut, ob auf dem Boden nicht doch noch ein Hasenköddel übersehen wurde, wenn er dann ruft: “Zulu? Wo ist deine Mummi?” Ja, also dann ist kein Halten mehr und er zieht direkt an, um mich zu suchen und den Anschluss nicht zu verpassen … Also, was sollt's. Eine emotionale Bindung bringt eben auch eine sehr persönliche „Ansprache“ oder wie es auch zu nennen ist, hervor. Ich gebe zu, auch wir gehören zu der Hundehaltergruppe, die das Vermenschlichen von Hunden in Maßen nicht so sehr schlimm findet.
Nun heißt es, dass Vierbeiner menschliche Emotionen nicht widerspiegeln können. Sehen Sie das auch so? Ganz so kann ich es nicht stehenlassen. Sie verstehen schon unser Lachen und reagieren darauf. Auch spüren sie unseren Zorn und unsere Wut und reagieren unterschiedlich darauf. Sind Sie immer wütend, kann es auch sein, dass Ihr Hund irgendwann eine erhöhte Aggressionsbereitschaft zeigt. Sind Sie fröhlich, ausgelassen, lachen viel, haben Sie eine sehr positive Energie, die auch Ihr Hund wahrnimmt, wird diese ihn ganz sicher auch freundlich stimmen. Also, hier wäre doch noch etwas Nachbesserung in der Aussage nötig, oder nicht?
Dennoch möchte man mit seinem Hund hündisch kommunizieren, sollten tatsächlich menschliche Emotionen zurückgestellt werden und der Hund auch als solcher gesehen werden.
Welche der in der menschlichen Welt festen Größen würden Sie Ihrem Hund auch zugestehen?
- Mitleid
- Ehre
- Liebe
- Treue
- Loyalität
- Ehrgeiz
- Mitgefühl
- Selbstmitleid
- Trauer
- Ergebenheit
- Gerechtigkeitssinn.
Nun heißt es, dass all diese Charakterzüge, Eigenschaften und Begrifflichkeiten nicht zu einem Hund gehören und auch, dass Hunde nichts von dem empfinden und ausdrücken.
Wie sehen Sie das?
Ich für meinen Teil kann nicht bestätigen, dass zumindest meine Hunde keine
- Liebe
- Treue
- Loyalität
- Trauer
empfinden. Ganz im Gegenteil. Und gerade auch Trauer macht den Hunden enorm zu schaffen. Oder warum versagen Hunde das Futter, wenn ein anderer Vierbeiner des Verbandes stirbt, warum sind sie apathisch und warum liegen Hunde am Grab ihres Herrchens? Und wie sieht es mit Liebe aus? Interpretieren wir diese tatsächlich nur in unsere Hunde? Ich mag den Gedanken, dass meine Hunde mich lieben. Und ich finde es auch klasse, wenn ich das Gefühl habe, dass sie sich mir gegenüber total loyal verhalten.
Ich möchte einfach nicht davon ausgehen, dass all diese schönen Seiten an meinen Hunden doch nur – auch wenn es manchmal so aussieht, als würde der Hund sich freuen oder traurig sein – ein Verhalten bleibt, das eine rein trieborientierte und erfolgsorientierte Handlung ist.
Wie ist es denn nun. Können nur wir Menschen solche Gefühle, Eigenschaften haben oder aber ist es vielleicht möglich, dass es doch tatsächlich eine andere Spezies gibt, die ebenso über diese verfügen? Wie sehen Sie das?
Auch habe ich gelesen, dass , „ wenn der Hund menschliche Gefühle und Eigenschaften hätte, würde er in der Natur nicht überleben können. Kein Mensch und kein Züchter können seine Triebe wegtrainieren oder sogar wegzüchten. Sie bleiben genetisch bedingt im Hund verankert. „
Natürlich ist eines Fakt. Hunde arbeiten oder lassen Sie mich es so sagen, reagieren nach und auf Ressourcenkontrolle. Ist ja klar. Auch das ist genetisch verankert. Aber ganz im ernst – ist das bei uns Menschen nicht auch so? Auch wir schauen, woher wir zu Essen und zu Trinken bekommen, wo wir bespaßt werden, das Freizeit- und Aktivitätenangebot ist nicht uninteressant.
Und woher kommt der Satz: „Wir arbeiten, um zu leben!“ Das heißt doch nicht, dass wir arbeiten, um unser Akku aufzuladen, sondern doch eher, um die Mittel zu haben, uns zu versorgen, oder? Also glaube ich, dass es auch hier Parallelen gibt.
Und wenn ich dann lese, dass wir unsere Hunde nicht vermenschlichen sollen, weil sie uns nicht lieben, sondern wir nur ihre Ressourcenquelle sind, der stärkste Trieb für unsere Fellfreunde ausschließlich Futter ist, kann ich zu einem Teil mitgehen, aber diese Aussage nicht unterschreiben. Und es gipfelt in der Aussage: Nur wegen des Futters bleibt der Hund an unserer Seite und ein Hund sei ein triebgesteuertes Raubtier.
Was aber ist denn nun Vermenschlichung? Womit können Hunde denn tatsächlich nichts anfangen und wie ist eine harmonische Kommunikation und Zusammenleben möglich, ohne unseren Hund als menschlichen Sozialpartner zu sehen?
Zunächst einmal, das fällt mir immer wieder auf, neigen Menschen dazu, ihren Hund stets und ständig einzunehmen. Sie nehmen sich das Recht heraus, immerzu an ihm rumzuzupfen. Das mögen Hunde im Grunde nicht. Die meisten dulden es aber.
Das ständige „Auf – den – Hund – Einreden“ ist genauso sinnlos wie kontraproduktiv
Lange Sätze mit Füllwörtern und ein Bitte mag ja nett anzuhören sein, wird Ihren Hund aber wenig interessieren.
Das Fressen am Tisch – und vom Teller – nun, das muss ja nun auch nicht sein.
Den Hund ständig neuen Modetrends zu unterziehen, ihm die Haare/ das Fell zu färben, Krallen zu lackieren – bitte – das gehört nicht in eine artgerechte Hundehaltung.
Den Hund ständig auf irgendeine Veranstaltung mitzuschleppen, weil er lieber dabei ist, als alleine zu Hause – nein, bestimmt nicht!
Dem Hund auf jeder öffentlichen Sitzgelegenheit sitzen zu lassen – nein, auch das gehört nicht dazu.
Von Ihrem Hund zu verlangen, dass er sich von jedem Fremden anfassen lassen muss – auch das gehört nicht dazu.
Den Hund fettfüttern, weil man ja selbst schon wieder Appetit auf was Leckeres hat – das ist schon fast Tierquälerei. Liebe geht nicht eben nur durch den Magen!
Dem Hund ständig irgendwelche lächerlichen Klamotten anzuziehen – ausgenommen Mäntel usw., die der Hund tatsächlich braucht – ist auch etwas, worüber Menschen sich gerne definieren. Neue Modetrends und Partnerlook sind in der Hundehaltung abnorm!
Wie aber dann?
Na, über Körpersprache. Klare und kurze Ansagen. Gestik, Mimik … Dem Hund entsprechendes Akitivitätenangebot … Gemeinsame Erlebnisse, ein füreinander Dasein, ein soziales Leben und Miteinander … ein verantwortungsbewusstes Nehmen und Geben, von einander profitieren …
Aber auch unsere Hunde müssen uns erst lernen. Bedenken Sie bitte, dass Vieles zu Missverständnissen führen kann. Unsere eigene Sprache, unsere Lautgebung, unser „Man –guckt-sich-in –die – Augen-wenn-man-mit-jemanden-spricht“, kann für den Hund sehr bedrohlich wirken. Und dann haben Sie vielleicht auch noch ein herzhaftes Lachen, tolle Zähne, die sich sehen lassen können … ohhhhhh, auch das kann für den Hund zunächst mal ziemlich bedrohlich wirken.
Ach ja, und weil der Hund ja nicht so groß ist wie Sie, bleibt Ihnen ja nichts, als sich zu ihm runter – oder aber DRÜBERzubeugen? Achten Sie bitte darauf, auch das ist nicht immer eine gute Idee und wird auch nicht so gerne hingenommen.
Und lassen Sie mich abschließend sagen: Solange Sie Ihrem Hund nicht schaden, ihn respektieren, nicht vergessen, dass Ihr Hund tatsächlich eben ein Hund und NICHT Ihr Kind ist, behandeln Sie ihn ruhig so, als würde er Sie in allen Farben verstehen … Wo ist das Problem?
2 Kommentare
Ich finde eure Seite super interessant und hilfreich☺durch Zufall auf Facebook darauf gestoßen.
Wir haben auch einen Ridgeback und er ist ein klasse hund,aber auch ein richtiger Wildfang.leider hat uns die Hundeschule nicht viel geholfen.habe vieles gelesen auf der Seite was auch bei uns zutrifft?
Hallo Carina,
danke für diese Nachricht. Das spornt an, weiter zu machen. Wenn du Fragen hast – frage einfach … Wir versuchen, hilfreich zu antworten …
Nette Grüße
Birthe Thompson
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