Wer ist hier der Chef?
Rangordnung oder ein Miteinander?
Über das Leben in friedlicher Koexistenz (im biologischen Sinne ist eine Koexistenz zweier Arten nur dann möglich, wenn zwei Ressourcen vorhanden sind und beide Arten verschiedene Affinitäten zu den jeweiligen Ressourcen aufweisen, also mit limitierten Ressourcen auskommen.)
Vorwort:
Vorsorglich möchte ich darauf hinweisen, dass alle meine Aussagen auf persönliche Erfahrungen beruhen, die ich mit unseren eigenen Hunden und den vielen Nothunden gesammelt habe.
Immer wieder lesen und hören wir davon, wie wir mit einem/ unserem Hund umgehen sollen oder sollten. Und wie schreibe ich zu gerne? So viele Hundetrainer und Coaches es gibt, genauso viele und mehr Meinungen gibt es.
Ja, und nun möchte ich mich auch noch einreihen und meinen „Senf“ dazu geben
Aber warum will ich auch unbedingt etwas dazu schreiben? Nun, vielleicht, weil auch ich Erfahrungen gesammelt habe, seit vielen, vielen Jahren mit Hunden lebe, neben unseren eigenen, etlichen Nothunden ein Pflegeplätzchen geboten habe und ich durch das Zusammenleben mit den Fellpfoten eine Menge lernen durfte.
Daher muss ich viele Aussagen, die allgemein noch üblich sind, etwas differenzierter betrachten oder auch ganz ablehnen.
Gehe ich davon aus, dass die meisten Menschen in der heutigen Zeit einen Hund in ihre Leben lassen, um mit einem Freund, einem Kumpel, einem Sozialpartner das Leben zu teilen, dann mag ich nicht davon sprechen, dass der Mensch der Chef ist. Was heißt denn Chef? Das wäre ja dann doch etwas einseitig und egoistisch. Es hieße ja dann, mein Hund muss sich nur nach meiner Nase richten, muss mir bedingungslos gefallen, muss Leistungen bringen, damit er Futter bekommt, an seine Ressourcen kommt. Aber wie war das noch? Sozialpartner? Freund? Kumpel? Und muss der Hund denn immer etwas leisten, um fressen zu können? Oft liest man: Der Hund bekommt nichts umsonst, nicht einfach so.
Wie ist es mit dem Namen Rudelführer? Ich glaube, das schließt sich schon auch aufgrund dessen aus, da wir gar kein Rudel führen – mal alleinstehende Menschen mit einer tatsächlichen Hundefamilie ausgeschlossen. Aber, wer lebt denn schon so?
Also, leben wir doch in einem gemischten Verbund, soweit ist es klar. Und nun überlege ich mir, wie uns erklärt wird, dass es in diesem Sozialgefüge eine Rangordnung zu geben hat. Ok, wie sollte diese denn aussehen? Etwa so?
• Rang 1: Herrchen geht zur Arbeit und verdient das Geld – er ist also der Chef?
• Rang 2: Frauchen kümmert sich um die Kinder, Haushalt und Herd – Sie ist also 2. Chef?
• Rang 3: Kinder, sie dürfen alles außer, Dreck, Lärm und Ärger machen
• Rang 4: Andree Familienmitglieder und Freunde
• Rang letzter: Unser Freund, Kumpel, Sozialpartner. Er darf vor allem uns gefallen, auf uns aufpassen, uns bewachen, beschützen, trösten, uns zum Lachen bringen, uns wiederum andere Sozialkontakte ermöglichen, mit ihm kann man auch mal angeben, er sollte aber wenn möglich nicht bellen, keinen Ärger machen, nicht krank sein, keinen eigenen Kopf haben, nur wollen, was wir möchten usw.
So, liebe Leser, kann das Zusammenleben doch auch nicht aussehen, oder? Also kann ich mich beispielsweise mit dem Begriff der Rangordnung auch nicht anfreunden.
Wie wäre es denn also über das Miteinander zu sprechen. Ein Leben in einem gemischten Sozialverband? Wissen wir doch, dass gerade Hunde eine hohe Sozialkompetenz haben, dürfen wir, so glaube ich, doch auch von einem Sozialgefüge sprechen, oder?
Aber gut, so unterschiedlich die Menschen schon sind, sie verschiedene Charaktere haben und es auch mal in der Familie unter den Menschen zu Streit und Auseinandersetzungen kommen kann, so unterschiedlich sind natürlich auch Hunde. Auch sie besitzen unterschiedliche Charaktere, haben verschiednen Erfahrungen gemacht, kommen aus unterschiedlichen „Kinderstuben“ und verhalten sich eben entsprechend.
Sie haben sicher schon mal das Erlebnis gehabt, mit einem Menschen Zeit zu verbringen, der nicht Ihre Sprache spricht und/ oder versteht? Sie wollten sich dennoch verständigen und haben alles Mögliche versucht, damit Sie irgendwie kommunizieren konnten. Sie zeigen auf etwas, Sie bestätigen mit einem Lächeln, einem Kopfnicken oder so, wenn der Inhalt Ihrer Aussage verstanden wird?
Gar nicht so einfach, diese Kommunikation, oder? Und nun möchten Sie mit dieser Person mehr Kontakt haben. Verlangen Sie von Ihrem Gegenüber, dass er gefälligst Ihre Sprache zu löernen und zu sprechen hat und bis er das kann, Sie zu lesen hat, gefälligst zu verstehen hat, und ignorieren Sie alles, was Sie nicht gleich verstehen? Oder ist es so, dass Sie sich auch Mühe geben, versuchen, Ihr Gegenüber zu verstehen und vielleicht auch das eine oder andere Wort, dessen Klang, Laut Ihnen mit der Zeit vertraut wird, lernen?
Ja, so ist es eben auch im Umgang, im Lernen mit einem Hund. Sie beide lernen sich zu verstehen. Und hier möchte ich wirklich auf die Parallele hinweisen. Nicht nur Ihr Hund soll lernen, was Sie meinen, sagen, ausdrücken – auch umgekehrt soll es so sein – auch Sie lernen Ihren Hund verstehen, seine Mimik, Gestik, Körperhaltung, Körpersprache, Spannung, Jaulen, Knurren, Bellen, die verschiedenen Arten von jaulen, heulen , knurren und bellen. Sie sind fein nuanciert und geben Sie sich Mühe und nehmen Ihren Freund tatsächlich wahr, dann können Sie schon bald in der Lage sein, das sogenannte Ausdrucksverhalten Ihres Freundes im Großen und Ganzen zu verstehen und zu werten.
Das ist so ein wunderbares Gefühl und die Basis für ein Miteinander. Verstehen Sie sich nämlich wirklich, weiß der eine, was der andere meint, dann brauchen Sie im Grunde nicht mehr mit strikten Verboten arbeiten. Sie verbieten Ihrem Partner doch auch nichts, oder? Sie geben Ihrem Partner sicher zu verstehen, was sie möchten oder unerwünscht ist – ja, so einfach ist es auch im Miteinander mit dem Hund. Scheint doch alles ganz einfach, oder nicht?
Haben Sie nun eine Basis gefunden, die wichtigste überhaupt, schließt es dann auch die gegenseitige Rücksichtnahme und Achtung eines jeden anderen, inklusive eben auch dem Hund, ein.
Viele sprechen jetzt von Regeln, die im Zusammenleben mit einem Hund zu beachten sind. Regeln? Wieso spricht man von Regeln? Und diese sollen nun auch auf alle Hunde gleichsam zutreffend sein? Ok, wir Menschen müssen uns auch Regeln unterwerfen. Gut, einige sind auf alle anwendbar, einige jedoch missachten diese. Ok, also können wir davon ausgehen, dass in unserem Sozialgefüge das Miteinander auch durch gewisse Regeln geregelt wird. Das ist auch völlig in Ordnung, so lange wir diese für uns selbst eben nach unseren Bedürfnissen aufstellen.
Ich möchte Sie bitten, mehr aus Ihrem Bauch heraus zu entscheiden und zu agieren. Es gibt nicht nur schwarz und weiß, liebe Leser. Das betrifft einige der sogenannten Regeln, die uns zu gerne mit auf den Weg gegeben werden, im Umgang mit einem Hund.
Regel oder wie abhängig ist unser Hund von unserem Wohlwollen?
Ein Hund lernt immer durch Versuch und Irrtum. Während wir, der Mensch, über alle Ressourcen verfügen, ist der Hund ja irgendwie immer auf uns angewiesen. Wir geben das Futter, Wasser, den Schlafplatz, wir gehen mit dem Hund raus … also ist der Hund faktisch stets und ständig auf unser Wohlwollen angewiesen. Muss der Hund noch das eine oder andere lernen, wird er natürlich versuchen, sich seine Ressourcen zu sichern. Klar, steht irgendwo was zu Essen rum, wird er es sicher wohl sichern. Gibt es unzählig viele Liegenflächen – sei es sein Körbchen, Sessel, Couch und Co., wird er sich je nach seiner Laune und seinem Bedürfnis, seinen Platz suchen. So kann man die Aufzählung fortführen. Nun gut, das ist natürlich nicht, was wir wollen, schließlich können wir Menschen ja auch nicht machen was und wie wir wollen. Also gilt es, unserem Hund zu verstehen zu geben, was wir von ihm erwarten. Dabei muss man nicht gleich böse werden, wenn sich der Hund auf das Sofa verirrt. Man kann ihm aber gut einen – seinen – Platz zeigen, auf den er gehen kann/ soll. Geht er auf sein Plätzchen, freuen wir uns natürlich sehr. So lernt der Hund: Versuch Sofa gescheitert, Hundebett super! Es bedarf sicher einiger Wiederholungen, ist aber erfolgreich. So ist es auch mit dem Essen. Es wird nicht geklaut – keiner kann stets und ständig sich der Lebensmittel bedienen. Erklären Sie Ihrem Hund, dass er ganz regelmäßig sein Futter erhält und er nicht hungern wird, dann wird sich das Fressen ritualisieren und Ihr Hund wird seine Überlebensangst verlieren. Also, es gilt natürlich, Regeln und Gesetze aufzustellen und einzuhalten. Aber bitte versuchen Sie es positiv, lassen Sie Ihren Hund lernen, was er darf oder besser lieber lassen soll.
So ist das nämlich dann auch mit dem Sofa. Ja, bitte, warum darf Ihr Hund nicht auf das Sofa? Wegen der vielen Hundehaare? Ok, das könnte ein Grund sein. Aber nicht, weil er den gleichen Stand wie Sie dadurch erlangt? Das passiert nur, wenn es dem Hund erlaubt wurde, Ihre Familie zu führen, das Oberhaupt zu sein, Sie Menschen zu kontrollieren, er also nicht mit Ihnen zusammen lebt, nicht in einer Sozialgemeinschaft eingebunden ist, sondern Sie duldet! Einfach mal von der Couch schicken und fertig. (Es soll ja auch Hunde geben, die Herrchen nicht ins Ehebett lassen oder auch beide Menschen nicht ins Bett lassen, weil Hund darin liegt und es sich für sich beansprucht. Na, da wurde dem Hund das sogenannte Führen der Menschen aber ordentlich überlassen!)
Regel oder: Wer darf wo in Ruhe sitzen und liegen?
Jeder in der Familie hat ein Recht auf Ruhe und damit auch auf einen Ruheplatz. Sie haben sicher auch einen Lieblingsort, an den Sie sich zurück ziehen? Können Sie, wenn es Ihnen mal nicht so gut geht, oder Sie einfach mal nichts hören und sehen wollen, irgendwo hin und sei es Ihr Schlafzimmer, und mal etwas entspannen? Nehmen Sie dann vielleicht einfach mal ein Bad? Tür zu? Super! Dann gönnen Sie Ihrem Hund bitte das gleiche. Genauso wenig wie Sie gestört werden möchten in Ihrer Ruhe, möchte es Ihr Hund auch nicht. Hat er einen Rückzugsort, einen Korb oder Matte und möchte ruhen: Dann bitte lassen Sie ihn auch in Ruhe. Bringen Sie das bitte auch Ihren Kindern bei. Ein Hund braucht doch auch so was wie eine sichere Zone. Ein Lager im Haus sollte definitiv auch so was wie eine sichere Zone sein. Zieht sich Ihr Hund, selbst nachdem er mal Mist gebaut hat, dahin zurück, dann sollte er für sie unsichtbar sein. Er wird dann bitte nicht mehr angesprochen, angefasst, mit ihm geschimpft – er ist gar nicht da. Was würde denn ein Hund natürlicherweise machen? Klar, flüchten. Nun kann er aber in Ihrem Haus, in Ihrer Wohnung nicht flüchten – naja, vielleicht unter die Couch. Lassen Sei ihn bitte lernen, dass es einen Platz gibt, der für SIE tabu ist. So, wie es eben auch einige Plätze im Haus gibt, die für Ihren Hund tabu sind.
Dennoch gibt es schon einen kleinen Unterschied. Während Sie Ihren Hund von der Couch verweisen dürfen, darf Ihr Hund Sie natürlich nicht von seinem Platz verscheuchen. Während Sie natürlich jeden einzelnen Platz im Haus für sich selbst beanspruchen dürfen (es sei denn, es ist der gewisse unsichtbare Ort), sollte es Ihrem Hund nicht gestattet sein. Das heißt, klar, er darf wohl schon, aber nicht, wenn Sie diesen Platz für sich selbst beanspruchen wollen. Es ist nicht selten, dass ein Hund auf dem Sofa liegt und das Herrchen auf dem Boden fern sieht. So, liebe Leser, geht es nicht, dann wird Ihr Hund Sie nicht für voll nehmen (können). Und bevor Sie Ihren Hund nun immer zu sich auf das Sofa rufen zum Kuscheln, er Sie vielleicht auch sehnsüchtig anschaut und darauf wartet, dass er darf, gehen Sie doch einfach mal zu ihm auf sein Lager und kuscheln mit ihm dort. Und damit Ihr Hund das Familientreiben und alles was sich so um Ihr Tun dreht, nocht überwachen kann, versuchen Sie doch bitte die Liegeflächen, die Ihr Hund zur Verfügung hat, ein wenig außerhalb des Geschehens zu positionieren.
Anmerkung:
Alle unsere Hunde haben niemals einen festen zugewiesenen Platz erhalten. Somit konnte auch keiner seinen Platz für sich alleine beanspruchen. Es war zu jeder Zeit jedem Hund erlaubt, sich überall hinzulegen, alle ihnen zugänglichen Plätze zu nutzen. Darum gab es unter den Hunden (in der Hochzeit lebten 7 Hunde bei uns) auch nie ein Streit um einen Liegeplatz. Aber eines war immer FAKT! Wollten wir dort sitzen, mussten sich die Hunde stets einen anderen Platz suchen, denn dann haben wir diesen Platz beansprucht.
Regel oder: Wer frisst warum, wann und wieso eigentlich?
Es wird immer noch dazu geraten und das als goldene Regel propagiert, dass zuerst der Mensch (isst) und dann der Hund frisst. Es kommt aus der Geschichte , aus dem natürlichen Umfeld, in dem erst die ranghöheren Tiere fraßen und die rangniederen warten mussten, was für sie übrig gelassen wurde.
Nun leben wir aber nicht draußen in der wilden Natur und unsere Hunde haben im Grunde auch nicht mehr viel von den Verhaltensweisen ihrer Vorfahren, weil sie keinen Überlebensstress haben.. Unsere Hunde haben das Leben mittlerweile auch bereits anders wahr genommen und sind auf unser Leben, das Leben mit dem Menschen, geprägt. Sie leiden nicht unter Hunger und Durst, sie bekommen regelmäßig alles, was sie so brauchen (so sollte es zumindest sein). Also müssen wir Menschen auch nicht um unser Essen kämpfen und dieses vehement verteidigen, wissen wir doch – und unsere Hunde dann auch – dass jeder sein Fressen bekommt.
Wissen Sie, liebe Leser, viele Dinge machen wenig Sinn. Denn überlegen Sie sich doch bitte mal, wie Sie das handhaben möchten, wenn Sie beispielsweise in den Urlaub über mehrere Stunden fahren. Der Hund sollte langsam mal was fressen. Nun, dann müssen Sie wohl zuerst die Brote auspacken, schnell was essen, damit er auch endlich was bekommt? Und was machen Sie, wenn Sie gar keinen Hunger haben und zu der Zeit, wenn Ihr Hund frisst, gar nicht selbst an Essen denken?
Also, so habe ich es in den vielen Jahren der Hundehaltung erlebt und ich spreche im Allgemeinen halt aus meinen Erfahrungen, dass es egal ist, wann der Hund frisst. Bevor Sie frühstücken oder danach. Es spielt keine Rolle. Nur gemeinsam sollten Sie nicht essen und dann doch besser nicht gemeinsam am Tisch.
Lungern und Betteln am Tisch ist natürlich nicht erwünscht. Das erste, um dieses auszuschließen ist natürlich, dass der Hund nichts am Tisch bekommt. Auch nicht ausnahmsweise. Denn, was wissen wir? Ein Hund lernt durch Versuch und Irrtum. Versucht Ihr Hund also zum dreißigsten Mal etwas mit seinen so treuen Hundeaugen vom Tisch zu erbetteln und er ist erfolgreich, dann wird er es immer wieder versuchen. Bekommt er aber auch beim 31. Mal nichts, dann wird er irgendwann verstanden haben: Irrtum, das brauchst nicht versuchen, gibt eh nichts. Verhalte dich ruhig, sei unsichtbar und lieb, dann wirst du vielleicht dafür belohnt. Jawohl, und so sollte es denn auch sein.
Eine Hilfe kann bei sehr aufdringlichen Hunden auch ein sogenanntes Aussperren sein. Dabei muss man ja nicht zwingend die Tür schließen, aber dem Hund die Grenze zur Küche zeigen. Bleibt er dahinter, freuen wir uns sehr, überschreitet er sie – wird er immer wieder korrigiert – so lange, bis er gelernt hat: Jeder Versuch des Übertretens ist erfolglos, ergo: Irrtum, so kommt er nicht ans Ziel, Versucht er hinter der Grenze zu bleiben und abzuwarten, ja, dann gibt’s eine Belohnung, dann hat dieser Versuch erfolg! Irgendwann schafft er es, sich für Ihr Essen, Ihre Mahlzeit nicht mehr zu interessieren, weil er weiß, das hat nichts mit ihm zu tun.
Anmerkung:
Wir haben es immer so gehalten, dass, wenn wir fertig sind mit dem Essen, aufstehen, um abzudecken, bekommen unsere Hunde IMMER eine Kleinigkeit. Sicher nicht immer von unserem essen, aber etwas, was toll für Hunde ist und letzlich ja eine Geste ist. Das wissen sie alle und wenn wir essen, gehen sie nun an ihren Platz und werden aktiv, stehen dann manchmal schon an, um den Satz zu hören: Jetzt dürft ihr. Dann kommen wackelnde Hundekörper mit ihren Köpfen hinterher und sitzen kerzengerade, um ihren Anteil in Empfang zu nehmen, ihre Belohnung für das Warten und Nichtbetteln.
Regel oder: Über Aktion und Reaktion
Auf einer Internetseite über Hundeerziehung und -Haltung habe ich sinngemäß folgendes gelesen:
Der Rudelführer leitet die Mehrzahl aller Initiativen ein. Dabei werden die von dem Hund ausgehenden nicht unterdrückt und er sollte auch nicht gegängelt werden. Es heißt dort, dass Agieren Führen bedeutet und den Status des Rudelführers demonstriert und eben auch dieser behauptet wird.
Soweit, so gut, nun stelle ich mir vor, dass ich Ersthundebesitzer bin und solche Aussage lese. Was soll ich davon halten? Was kann das bedeuten? Hier kann unter Umständen völlig falsch verstanden werden.
Ich denke dann an:
• Will der Hund mit mir spielen – NEIN! Er will, nicht ICH!
• Will der Hund mir was zeigen – NEIN! Ich schaue nicht hin – weil er zeigt es ja!
• Will der Hund mir durch ein Bellen anzeigen, da ist was – NEIN; interessiert mich nicht, er hat noch vor mir gebellt
• Will der Hund mir seine Liebe zeigen – NEIN, interessiert mich nicht, ich liebe ihn zuerst
• Der Hund muss Gassie und zeigt es an – NEIN! Wenn ich nicht sage, du musst, muss er auch nicht
• Will der Hund laufen und rennen – NEIN! Nicht, bevor ich das frei gebe (gut, kann oft stimmen)
So kann ich diese Liste fortführen.
Auch hier gilt, es gibt kein schwarz und kein weiß. Die richtige Mischung soll es sein. Na klar, wir Menschen bestimmen schon den allgemeinen Tagesablauf und auch wir dosieren unsere Zeit und Streicheleinheiten mit dem Hund, aber, warum sollte der Hund keine eigene Initiative ergreifen, um uns alle mal ein wenig in Wallung zu bringen?
Regel oder: Wer hat vor wem Angst?
Es geht weiter in dem Miteinander zwischen Mensch und Hund. Dazu gehört dann auch die gemeinsame Begegnung mit anderen Hunden. Um hier ein gutes Miteinander zu gewährleisten, obliegt es der tatsächlichen Bewertung dieser unsererseits. Was heißt das? Nun, es wird auch hier im Grunde gemeinsam agiert. Eine Reaktion unsererseits führt zu einer Aktion bei unserem Hund andererseits. Sprich, sind wir selbst aufgeregt und halten unseren Hund kurz, uns ggf. sogar an ihm fest …. dann können wir davon ausgehen, dass der Hund dieses als Signal zu einer Reaktion versteht. In den meisten Fällen dann eben uns, Mensch und Hund zu schützen und nach vorne zu gehen. Natürlich gibt es unterschiedliche Reaktionen, ich gebe hier nur ein Beispiel.
Andersrum sieht es aber aus, wenn wir ruhig und gelassen sind. Dem fremden Hund überhaupt keine Beachtung schenken und uns das auch völlig egal ist. Sind diese Gefühle echt und nicht gespielt, kann sich unser Hund daran orientieren und auch er wird uns vertrauen in der Bewertung der Situation und dementsprechend reagieren – im besten Fall nämlich gar nicht. Auch ihm wird es dann egal sein – komme was wolle, wir sind eine Einheit und uns kann nichts aufregen. Hier gilt eben auch: Miteinander entspannt sein!
Wenn ich dann so lese, dass im Grunde der gleiche Inhalt vermittelt wird, aber in Aussagen, wie:
Der Rudelführer akzeptiert keine Aggressionen (Aggressionen, was sind das denn und sind diese nicht völlig normal? Lesen Sie gerne hierzu entsprechend). Oder aber , dass der Chef die Situation klärt, dass der Rudelführer bestimmt, wer, wann kämpft, nein, dann kann ich das einfach immer nicht so stehen lassen, denn ich finde diese Aussagen immer so , lassen Sie es mich so mal beschreiben, militärisch, klingt immer etwas auch nach Diktatur.
Anmerkung:
Es gibt Arbeitshunde, die unter anderem militärisch, durch Zoll geführt werden, auch Suchhunde, Rettungshunde usw. Diese Hunde werden entsprechend, weil sie auch so verlangt sind, ausgebildet. Diese Hunde müssen funktionieren!
Das sind aber nicht die Hunde, über die ich hier schreibe und die mit uns in einem Sozialgefüge leben, selbst, wenn einige der Arbeitshunde auch bei ihren Führern ein Zuhause haben.
Regel oder: Nach dir …
Und das Spannendste im Miteinander ist und bleibt für mich „Das aus der Haustürgehen“. Was wird größtenteils vermittelt? Der Hund darf auf keinen Fall vor Ihnen aus der Tür treten. Sie sind der Chef und Sie gehen als erstes durch die Tür. Macht es der Hund, dominiert er Sie. Geht er mit Ihnen zusammen, dann übt er einen Machtkampf. Auch müssen Sie zwingend Ihren Hund hinter sich durch enge Gassen führen.
Was soll ich dazu sagen? Wenn Sie ein gutes Miteinander pflegen, wenn es bei Ihnen überhaupt zu keinen Machtkämpfen kommen kann, weil Sie eben respektvoll miteinander leben und Sie Ihrem Hund Sicherheit und Stabilität vermitteln, er gar nicht auf den Gedanken kommt, irgendetwas in Ihrem Sozialverband ändern zu wollen, von der Anlage kein Hund ist, der die Weltherrschaft an sich reißen will (welcher Hund wird als solcher geboren?), dann gibt es außer Gefahrenreduzierung keinen mir wirklich erkennbaren Grund. Während meiner vielen Jahre der Hundehaltung habe ich keinen Grund dafür finden können.
Wie ich schon schrieb, habe ich bereits mit vielen Hunden mein Leben geteilt. Bei jungen Hunden habe ich es gerne so gehandhabt, wenn sie wild und aufgeregt waren, sie vor der Tür absitzen zu lassen, damit sie zunächst runter fahren und mich nicht aus der Tür ziehen. Und ja, dabei habe ich sie dann auch aus dem Haus/ der Wohnung gerufen. Auch, wenn wir in einer besiedelten Gegend lebten, machte es stets Sinn, als erstes durch die Tür zu gehen, damit man zunächst Gefahren (Autos, Menschen, mit Roller fahrende Kinder, etc) abchecken konnte. Das waren Gründe, warum unsere Hunde nach mir/ uns aus dem Haus gingen. Sonst ist es uns nach wie vor egal. Solange sie nicht los rennen, ist alles gut. Wenn der Hund immer als letztes durch die Tür gehen soll, frage ich mich, wie man das im häuslichen Umfeld dann umsetzen möchte. Haben unsere Wohnungen keine Türen? Wie gestaltet sich dann der Tag? Vor jeder Tür muss der Hund stehen bleiben, absitzen, bis ich komme, durch gehe und ihn gewähren lasse? Das heißt dann auch, der Hund darf sich in dem häuslichen Umfeld nicht frei bewegen?
Und wenn Sie einen Garten haben und die Terrassentür öffnen – das wäre dann ja eine Tür nach draußen – darf er also nicht einfach rein und raus? Also kein Garten, mit dem oft um einen Hund geworben wird, für diesen? Ach, und wenn das denn tatsächlich so durchgezogen wird, möchte ich die so starr an etwas haltenden Menschen sehen, wenn der Hund dann Durchfall hat und unbedingt ganz schnell mal raus muss. Das möchte ich dann sehen, dass der Hund erstmal in Ruhe absitzen soll, ich dann raus gehe und dann der Hund endlich raus darf zum Lösen, nachdem es ihm schon bis zum Anschlag steht und er wimmert und winselt.
Also auch hier, es gibt kein schwarz und weiß. Solche sogenannten Regeln sind nicht zu pauschalisieren und auf jeden Hund individuell anwendbar und können eben nicht als Regel, eher als Richtlinie dienen.
Fazit:
So gibt es unzählige andere Regeln, die wir Hundehalter beachten sollten. Und bei jeder Regel, die Sie als Erziehungstipp bekommen, lassen Sie sich diese doch bitte erstmal richtig durch den Kopf gehen. Reden Sie auch in der Familie darüber. Fragen Sie sich gegenseitig, was jeder Einzelne darunter versteht und wie diese Regel seiner Meinung nach umzusetzen wäre. Vielleicht trifft eine der Regeln genau auf Sie und Ihren Hund zu, manchmal sicher, wenn man einen aus Notlage, einen misshandelten, einen sehr skeptischen und hinterfragenden Hund bei sich aufnimmt. Dann können anfangs derartige und andere Regeln hilfreich sein! Leben Sie allerdings von Anfang eines Hundelebens mit diesem Schatz zusammen, sollte man hier großzügiger oder sagen wir weitsichtiger denken.
Und vor allem hinterfragen Sie bitte alles. Was macht Sinn und was eher Unsinn? Nicht jede Regel trifft auf jeden Hund und auf jede Hund – Mensch – Beziehung zu. Wie bei allen Ratschlägen, Tipps und Hilfen zur Hundeerziehung sollten wir uns stets das herausziehen, was für uns persönlich wertvoll und anzuwenden ist.
In den vielen Jahren eigener Hundehaltung mit Hunden, die verschiedener nicht sein konnten, von Hunden direkt vom Züchter, Abgabehunden, Nothunden, misshandelten Hunden – sie alle hatten keine gemeinsame Basis – gab und gibt zwar Strukturen, weil auch wir Menschen diese brauchen, aber es gab und gibt stets ein Miteinander und ein respektvoller Umgang. Dazu gehört es eben auch, nicht nur unsere Bedürfnisse durchzusetzen, sondern auch die der Hunde, was eben auch ihre Eigenständigkeit beinhaltet.