Warum drehen sich Hunde, scharren und kratzen, bevor sie sich endlich hinlegen?
Vielleicht nervt es Sie auch manchmal, wenn Sie etwas gereizt sind, dass Ihr Vierbeiner erstmal alles zusammenscharrt, hierum schmeißt und dahin buddelt … Der Schlafplatz, den Sie vorher so schön hergerichtet haben – futsch! Als würde Ihr Hund sagen wollen: Weg mit dem ganzen Mist hier …
Dieses ganze Gedrehe, immer wieder muss sich die geliebte Fellnase gefühlte hundert Mal um die eigene Achse drehen, bis sie anscheinend die richtige Position zum Hinlegen gefunden hat. Und wir Menschen schauen zu und wundern uns, wenn wir nicht eben auch manchmal genervt reagieren und sagen: „Mannnn … mach jetzt mal Platz!“
Ja, ich glaube, fast jeder Hundebesitzer kennt das und ich unterstelle auch mal, dass fast jeder Hundefreund manchmal etwas genervt davon ist!
Dabei ist das so was von unfair.
Stellen Sie sich das Szenario andersrum mal vor. Sie sind geschafft, müde und kaputt vom Tag. Ihre Glieder und Knochen können Sie geistig zählen. Und nun freuen Sie sich auf Ihr Bett. Sie gehen schlafen, legen sich hin und dann … was machen Sie dann? Sie suchen sich eine angenehme Schlafposition, oder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie bei vollem Bewusstsein ins Bett fallen und so morgens wieder aufstehen. Es sei denn, Sie sind so fertig, dass Sie sich nur noch fallen lassen … ach, guck, kommt irgendwie bekannt vor? Könnte vielleicht auch dem Hund so gehen?
Warum sollten es also die Hunde machen?
Gut, bei uns Menschen ist ja sowieso alles anders. Wir gehen schlafen mit und ohne Rituale, mit oder ohne Gliedmaßen durchzustrecken oder was auch immer. Das ist ja völlig normal. So sind wir eben. Das braucht man auch nicht hinterfragen. Wie sagt man so schön? Es ist wie es ist!
Bei unseren Hunden ist das schon etwas anders. Da möchten wir natürlich wissen, warum sie sich drehen, warum sie ihr Körbchen zerwühlen, warum sie Decken rausschmeißen, scharren, kratzen … und so weiter. Ja, wir Menschen müssen alles wissen, vor allem, wenn es um unsere Hunde geht.
Gut, schauen wir uns das Thema mal an.
Für das Schlafritual und das Schlafverhalten gibt es mehrere Gründe.
Das Drehen an sich ist eine so genannte Erbkoordination. Dieses Verhalten soll er von seinem Vorfahren, dem Wolf übernommen haben. (Die Hunde stammen von den Wölfen ab – wir Menschen von den Affen? Darum liegt das „Sich-bequem-im-Bett-machen“ bei uns Menschen wohl auch an der Erbkoordination??? – Affen????)
Hunde drehen sich: Wahrscheinlichkeit Nr. 1
Der Hund dreht insinktiv, da er den Untergrund, früher vielleicht Steppengras, heute nur Gras oder auch die Decke im Körbchen, platt tritt, damit ihm unter seinem Körper nichts stört und sein Lager einfach weicher und gemütlicher ist.
Ist das so?
Wenn wir uns mal überlegen, was sinnvoll für einen Lagerplatz wäre, fiele uns vielleicht ein, dass Scharren und das Einbringen von Pflanzenmaterial wohl etwas sinnvoller wäre, oder?
Und dann stelle ich mir vor, wir machen Rast mitten in der Natur und unser Hund sucht einen Liegeplatz. Wir haben einen Felsen und einen Baumstamm zur Verfügung.
So muss ich also schlussfolgern, dass die Therorie über das Drehen keine Verhaltensweise darstellt, also kein Verhalten, das an die Lagerplatzsituaion angepasst ist, um das Lager „gemütlich“ zu bereiten.
Zur Veranschaulichung: Wächst hohes Gras, wird sich gedreht, bei einem Felsen jedoch nicht, da wird sich hingeschmissen. Also, das Drehen kann nicht ausschließlich mit der Gemütlichkeit in Zusammenhang gebracht werden.
Hunde drehen sich: Wahrscheinlichkeit Nr. 2
Der Hund sucht mit seinen Pfoten nach Steinen oder ähnlichen störenden Objekten.
Es heißt, Hunde drehen sich, um ihren Platz zu säubern, andere Tiere zu vertreiben … wie beispielsweise Skorpione, Schlangen usw.
Das klingt ja alles ganz logisch, aber … Tiere, Steine usw. in unseren Wohnzimmern? Und woher sollten unsere Hunde dieses kennen? Meist (ich klammere hier mal die Straßenhunde aus), kommen sie doch mit dem natürlichen Umfeld gar nicht in Kontakt. Meist sind unsere Hunde doch schon über Generationen als Haushund, Sozialpartner gehalten, oder?
Es gibt so viele Gründe, warum Hunde dieses Verhalten zeigen.
Meist liest man Erklärungen wie:
Das Scharren mit den Vorderbeinen dient dem Erweitern und Anpassen der Schlafmulde. Das so genannte Kreistreten dient dem “finden” der richtigen Liegeposition. Hunde bauen sich praktisch „ihr Nest“.
Hunde drehen sich: Wahrscheinlichkeit Nr. 3
Ein anderer Grund für das Drehen vor dem Hinlegen ist, dass Hunde die Fläche über die Drüsen an den Pfoten markieren. Ah ja, könnte möglich sein. Für einen Liegeplatz außerhalb unserer Wohnräume könnte er somit anderen Tieren signalisieren: BESETZT! Mein Platz! ok.
Es gibt Hunde, die kratzen erstmal, zerwühlen alles, raufen die Decke zu einem Kneuel zusammen, und machen es sich dann so richtig bequem. Ihr Schlafplatz sieht dann aus wie eine mexikanische Würfelbude, aber unsere Vierbeiner finden es ganz nach ihrem (und nicht unserem!) Geschmack.
Sie bauen sich Kuhlen, weil eben das genau ein Urinstinkt ist. Wir selbst, wir Menschen, liefern unseren Hunden keinen artgerechten Schlafplatz. Einige geben ihren Hunden nicht einmal einen Rückzugsort. Aber wie schlafen Hunde in der Natur? Auf einem Sofa, mitten auf einem Feld, für jedes Lebewesen sichtbar, jeder Witterung ausgesetzt? Nein! Ganz sicher nicht. Sie bauen sich Höhlen, Kuhlen, schlafen unter dichtem Gebüsch, suchen Schutz und dergleichen.
So, alles Gründe, warum Hunde sich ihren „unnatürlichen“ Schlafplatz herrichten könnten und dabei eben drehen, scharren, kratzen.
Hunde drehen sich: Wahrscheinlichkeit Nr. 5
Aber eine ganz andere Erklärung, nämlich eine, die zudem noch sehr sinnreich ist, ist die Tatsache, dass auch Hunde aus Knochen und Gliedmaßen bestehen. Jawohl, auch sie bestehen aus Sehnen und Muskeln!
Und nun überlegen wir mal, was ein Hund so leistet. Bedenken wir den Bewegungsdrang, den jeder Hund hat (ok, der eine mehr und der andere weniger – bei weniger, wird wahrscheinlich auch weniger am Schlafplatz herum gefeilt, oder?).
Schon alleine, wenn Sie ganz normal Gassi gehen, was laufen die Hunde … Hin und wieder zurück, dann werfen Sie vielleicht auch noch mit einer Wurfscheibe, Ball oder anderen Utensilien und der Hund ist in Dauerbewegung. Oder aber Sie betreiben Hundesport, führen Ihren Hund jagdlich … Unsere Hunde sind im Grunde Hochleistungssportler.
Dabei werden natürlich Gelenke und Sehnen sehr stark belastet.
Und nun stellen Sie sich bitte mal einen Muskel vor. Wie ist dieser aufgebaut? Er ist zum größten Teil aus langsamen Muskelfasern aufgebaut, die ein gleichmäßiges und kontinuierliches Arbeiten ermöglicht und bei Dauerbeanspruchung eben die Sehnen und Gelenke nicht nur zusammenhalten, sondern auch schützen.
Wenn Sie sich nun aber mal tiefer mit dieser Materie auseinandersetzen, wissen Sie, dass genau diese langsamen Muskelfasern viel Sauerstoff verbrauchen. (Sie enthalten eine hohe Anzahl von Mitochondrien, die man auch als Kraftwerke der der Zellen bezeichnet).
Nun stellen Sie sich vor, Sie kommen mit Ihrem Hund nach Hause. Ihr Vierpfotler hat getobt, ist gerannt, war jagen, war mit Ihnen stundenlang auf Entdeckungstour. Wie mag es im Inneren des Körpers bei Ihrem Hund aussehen? Sie selbst setzen sich wohlmöglich erstmal erschöpft hin. Was macht Ihr Hund? Wenn er nicht sofort den ersten Platz nimmt und sich direkt auf die Seite knallen lässt, dann dreht er seine Runden auf seinem Liegeplatz … Um was zu gewährleisten? Jawohl! Genau, er dreht sich, um den Sauerstofftransport zu jeder einzelnen Muskelfaser nicht zu unterbrechen und damit der Versorgungsstrom nicht abgeklemmt wird.
Darum kann der Hund eben auch sehr gut in zusammengerollter Position, siehe Schlafverhalten der Hunde, liegen.
Und oft sehen Sie dann eben auch, wie sich Ihr Hund dann nach dem Aufstehen wieder reckt und streckt. Genau! Damit alle Fasern wieder voll versorgt werden.
Andere Gründe zu Lagerpaltzbereitungen
1. Besonders wenn es heiß ist, basteln die Hunde schon auch an ihren Lagerplätzen. Dann aber drehen sich sich nicht, sondern sie scharren.
Dabei wird die obere heiße und trockene Schicht des Bodens abgetragen, damit sich die Fellpfoten auf den kühleren, feuchten Untergrund legen können.
Sie können beobachten, dass sich Hunde an heißen Tagen weniger vor dem Hinlegen drehen. Aber Sie können ganz klar sehen, dass sich die Vierpfotler regelrecht in Pfützen werfen, sich in Schlammkuhlen suhlen, in hohe Wiesen schmeißen, und ja, in den feuchten Sand werfen, wenn vorhanden.
Hier ist zu unterstellen, dass der gesamte Körper optimal durchblutet ist. Deshalb kann sich der Hund auch das zusätzlich Wärme produzierende Gedrehe sparen; denn selbst die hintersten und am schwersten zu erreichenden Muskelfasern sind vollkommen versorgt.
Um die Körperwärme nun aber aus dem „Hund“ zu bekommen, arbeitet der Kreislauf auf Hochtouren.
2. Schutz: Beobachten Sie Hunde, die in ihrem natürlichen Umfeld leben, wie zum Beispiel die Hunde in Portugal, können Sie sehen, dass sich diese Hunde ihren Schlafplatz ganz gewählt aussuchen. Dabei graben sie sich ein Loch oder eine Grube zum Schutz. Auch finden Sie diese Hunde unter Hecken, ganz versteckt.
Auch domestizierte Hunde haben diese Verhalten, sich ein Loch zu graben, beibehalten.
Persönliche Anmerkung:
Eine unserer Hündinnen, Rabea, hat sich beispielsweise immer ein tiefes Loch unter der Hecke gegraben. Meist zeigte sie dieses Verhalten, wenn sie scheinträchtig war und der „Wurftermin“ näher ruckte.
Unsere Spice grub im Bausand ein tiefes Loch, um sich zum einen zu kühlen, zum anderen aber Schutz auf der Baustelle zu finden.
Redaktionelle Anmerkung:
Bereits vor 40 Jahren wurde das Niedertrampeln von Gras, das die Drehung vor dem Hinlegen erklären soll, von Eberhard Trumler widerlegt. Seiner Erklärung nach, ginge es tatsächlich hauptsächlich darum, die Wirbel in die richtige Position zu bringen.
Fazit:
Es gibt viele Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten und wohl auch Wahrheiten darüber, warum Hunde sich vor dem Hinlegen drehen, warum sie scharren oder kratzen.
Wenn wir einfach manchmal Parallelen ziehen würden zum Verhalten, das wir zeigen, wäre einiges sicher aus reinem Menschenverstand zu erklären. Vielleicht muss man nicht aus allem eine Wissenschaft machen.
Ja, Hunde wollen es bequem haben – wir auch!
Ja, Hunde hätten gerne ein ausreichend großes Lager – wir auch!
Ja, Hunde mögen sich gerne abkühlen, suchen sich kühle, schattige Plätze – wir Menschen auch!
Ja, Hunde müssen sich auch mal recken und strecken – wir auch!
Ja, Hunde können auch mal Muskelkater haben – wir auch!
Ja, Hunde brauchen eine gute Liegeposition und testen aus, wie sie am besten schlafen könenn – wir auch!
Ja, Hunde suchen sich einen sicheren Liegeplatz, suchen Schutz – wir auch!
Sie sehen, Hunde, sind sie auch eine andere Spezies, haben oft die gleichen Bedürfnisse wie wir Menschen. Bei ihnen sieht es halt nur anders aus.