Die Wasserrute beim Hund
Gerade in den Sommermonaten wieder aktuell.
Die Wasserrute ist eine immer noch nicht ganz erforschte Krankheit, die nur wenige Tierärzte kennen .
Für die Wasserrute gibt es noch eine Menge anderer Bezeichnungen. Indiz dafür, dass weder die Ursachen und der Verlauf der Krankheit, noch Therapiemöglichkeiten umfassend geklärt werden konnten. Was allerdings sehr sicher ist …
Der betroffene Hund leidet über einen Zeitraum von mehreren Tagen starke Schmerzen!
Wie sieht nun eine Wasserrute aus, bzw., wie äußern sich die Symptome?
Nicht bei allen Hunden ist die Symptomatik die gleiche. Im Allgemeinen aber schmerzt der Rutenansatz. Ein paar Zentimeter werden noch gerade weg gestreckt, der Rest der Rute hängt schlaff runter. Vereinzelt sträubt sich auch das Fell um den Rutenansatz.
Beim Hund macht sich Verunsicherung breit, die sich auch in Problemen beim Koten und Urinieren darstellt. Das Hinsetzen bereitet dem Hund ebenfalls Schmerzen und er nimmt eine Schonhaltung ein, die dem Welpensitz gleicht – er kippt seitlich das Becken.
Was sind die Ursachen?
Da diese Krankheit noch nicht wirklich erforscht ist, können sich die Tierärzte bisher nur auf ihre Erfahrungen verlassen. Diese Erfahrungen haben aber schon gezeigt, das die Wasserrute meist bei Hunden auftritt, die intensiv arbeiten. Rassen wie Pointer, Setter, Beagle oder auch Retriever sind davon besonders betroffen. Außerdem fiel auf, dass Hunde im Alter zwischen einem halben Jahr und neun Jahren betroffen waren, davon aber wiederum der überwiegende Teil mit einem Alter von 2 Jahren. Rüden sind dabei häufiger vertreten als Hündinnen.
Man nimmt an, dass die Wasserrute in den allermeisten Fällen im Zusammenhang mit harten Belastungen wie z.B. jagen oder schwimmen in sehr kaltem Wasser steht. Ebenfalls scheint der aktuelle Trainingszustand eines Hundes Einfluss darauf zu nehmen. Untrainierte Hunde trifft es eher als gut trainierte. Einfache Ursachen wie längeres Verweilen in einer Transportbox oder nasses Fell bei nasskaltem Wetter, werden ebenfalls diskutiert.
Die Experten diskutieren zur Zeit auch die Möglichkeit der unterschiedlich gewachsenen Ruten ( z.B. zu hoher Rutenansatz) und auch die Intensität und Ausprägung des Wedelns als Mitursache.
Aber nicht nur in Wasser eingesetzte Hunde oder die, die wasserverrückt sind, leiden unter einer Wasserrute.
Eine Hundehalterin gab Wissen – Hund gegenüber folgende Auskunft:
“Bei unserer Hündin begann es damit, dass sie ihre Rute, oben am Ansatz, eng anliegen hatte. Dann vermied sie jegliche Bewegung mit der Rute. War sehr druckempfindlich am Rutenansatz, leichte Schwellung am ersten Schwanzwirbel. Dann kamen sehr schnell wahnsinnige Schmerzen beim Kot absetzen. Sie hat gebrüllt wie irre …
Die Schonhaltung von der Rute wurde immer schlimmer. Sie bekam dann hochwirksame Entzündungshemmer & Schmermittel – 3x tgl.
Sie war zwar teilweise “out of order”, aber sie wurde nach und nach schmerzfrei.
Wenn ich merke, dass es wieder los geht, das sehe ich sofort bei ihr, bekommt sie von mir Arnika merhmals tgl. und Kirschkernkissen “uff em Popos”. Sie genießt es und ich kann einen weiteren Schub verhinden. Wenn es mal da ist, bekommt man es wirklich nur mit Schmerzmittel und Entzündingshemmer hin. Als es voll ausgeprägt war, hat man die Schwellung bis hin zum 4. Schwanzwirbel gesehen.”
Auf unsere Frage, wann die Wasserrute quasi aufgetreten ist, erklärte sie wie folgt:
“Sie hat es im Herbst bekommen, bei naß/kaltem Wetter. Nicht richtig abgetrocknet und “zack” hat es sie erwischt…
Meine Tierärztin sagte damals, es ist zwar bekannter bei den “Wasserhunden” (Labbi's, Jagdhunden usw) doch es kann jede Rasse treffen. Es wurde damals nur “hauptsächlich” bei den Labbis/Retriever festgestellt.”
Auf die Frage, ob ihre Hündin demnach also die Wasserrute NICHT aus den uns bekannten Gründen bekommt, sie also nicht der typische Wasserhund sei, antwortete sie entsprechend:
“Genau, bekommt sie tatsächlich nicht durch das Arbeiten im Wasser. Man kann es vergleichen, als wenn bei uns Menschen die Hexe einschießt (Hexenschuss).”
Was passiert aus medizinischer Sicht in der Rute?
Hiezu gibt es verschiedene Theorien:
- Es handelt sich um eine Stauchung der Schwanzwirbelgelenke.
- Durch die Belastung entsteht eine Entzündung zwischen den Wirbeln, ähnlich einer Überbeanspruchung.
- Vorrübergehende schlecht durchblutete Muskulatur der Rute.
- Ein Muskelschaden an den Muskeln, die für die Rute zuständig sind, liegt vor.
- Neuere Untersuchungen ergaben, dass bei betroffenen Hunden schon vorher ein Problem im Bereich von Lendenwirbelsäule und Kreuzbein vorhanden waren. Schwimmen, Kältereiz oder übermäßige Arbeitsaktivität werden dann als Auslöser für das Auftreten der starken Schmerzen vermutet. Am wahrscheinlichsten scheinen im Augenblick die letzten beiden Erklärungen. Aus dem Jahre 2003 stammende erste Studien deuten darauf am Ehesten hin. Hier wurde im Blut nachgewiesen, dass ein Muskelenzym (die Creatinkinase) deutlich erhöht war. Ein Indiz für einen Muskelschaden.
Nach Abklingen der Symptome, ca. 2 Wochen nach dem Auftreten, sind auch die Blutwerte wieder im Normalbereich. Unter dem Mikroskop waren ebenfalls Muskelfaserveränderungen im Gewebe bestimmter Schwanzmuskeln zu sehen. Auch veränderte Muskelstrom-Messungen waren nachzuweisen. Im betroffenen Bereich waren außerdem noch eine um 2 – 3° Celsius verringerte Temperatur zu messen.
Die Schwellung und das in der Region schlecht dehnbare Gewebe, sowie der erheblich gesteigerte Druck auf das Bindegewebe und die Gefäße beeinflusst die Durchblutung der betroffenen Stelle derart negativ, dass es dadurch zu den massiven Schmerzen kommt.
Ist eine Behandlung überhaupt möglich?
Nun, grundsätzlich ja …
Eine gesicherte Diagnose ist allerdings zumeist sehr, sehr schwierig, da das Phänomen der Wasserrute eben noch nicht zu 100 % erforscht ist und damit unter den Veterinären noch nicht als Gang und Gebe gesehen wird. Fehldiagnosen sind hier nicht selten, die da lauten:
- Schwanzwirbelbruch
- Analdrüsenverstopfung u.v.m ….
Meistens verschwinden die Symptome ja auch sehr “zeitnah” wieder.
Dennoch ist die Gefahr des Wiederauftretens gerade bei “arbeitenden” Tieren nicht selten. Eine genaue und gesicherte Diagnose wäre hier von enormem Vorteil.
Die Tierklinik Groß-Enzersdorf schrieb am 12.7.2015:
“Wir empfehlen bei jedem Auftreten einer Wasserrute den Bereich Lendenwirbelsäule/Kreuzbein röntgenologisch durchzuchecken, um im Falle von Veränderungen (Spondylosen, Übergangswirbel, lumbosakrale Stenosen) rechtzeitig therapeutisch eingreifen zu können.”
Zur Behandlung empfohlen:
- Entzündungshemmer zum Bekämpfen der Entzündung und damit den Schmerz (ohne Kortison)
- warme Packungen an der Schwanzbasis
- Ruhe und Schonung
- physikalische Medizin (z.B. eine Laserbehandlung) zur Muskelregeneration
- Physiotherapie
- Homöopathie (z.B. Bellis perannis C 30 1x 3 Globulin – natürlich nur in Absprache mit einem Arzt)
Kann man der Erkrankung vorbeugen???
Grundsätzlich ja, wobei es natürlich auch hier keine Garantie dafür gibt, dass die Wasserrute nicht auftritt – wie bei allem was man macht, kann man seinen Hund optimal vorbereiten.
- Eine optimale Trainingsvorbereitung (z.B. auf die Jagd- und Field-Trailsaison), ohne Überbelastung und Stress, sowie gezieltes Schwimmtraining sind die halbe Miete. Auch Schwimmen muß trainiert werden.
- Genug Erholungspausen sollten selbstverständlich sein; viele Hunde erkennen ihre Grenzen niemals und müssen diese gesetzt bekommen.
- Eine Transportbox darf den Hund nicht in seiner Bewegungsfreiheit einschränken (also nicht zu klein für ihn sein) und darf nicht sein Platz für Stunden sein, auch er muß sich seine Glieder vertreten können.
- Ein nasser Hund (besonders bei feucht-kaltem Wetter), sollte gut abgetrocknet werden und nicht auskühlen, schon gar nicht, wenn das Fell noch feucht ist. Ein warmer Platz (auch an der Sonne), sollte selbstverständlich sein.
So umsorgt und gepflegt, sollte das Risiko der Wasserrute auf ein Minimum reduziert sein und Ihr Hund kann seine Rute mit Stolz und vor allem schmerzfrei tragen!
©Sabine Maack
Redaktionell überarbeitet in 2015 von Birthe Thompson