Fehlverknüpfungen und was ist die sensorische Präkonditionierung?
Ich danke Christine Paasche von Herzen für die Inspiration dieses Artikels zu Fehlverknüpfungen. Als ich ein Foto sah, das sie gepostet hatte, fand ich dieses natürlich super, aber mir fiel auf, wie entspannt sie mit der Situation umgegangen ist.
Darum möchte ich heute gerne vorzugsweise Ersthundehalter ansprechen. Sicher aber werden auch hier einige „alte Hasen“ etwas lesen, das ihnen bekannt vorkommt – niemand von uns ist fehlerfrei.
Und besonders wichtig, dieses zu verstehen, ist es für Menschen, die mit Nothunden arbeiten, die Angsthunde mit ihren gebrochen Seelen versuchen, in ein „normales“ Leben zu bringen. Leider passiert es auch uns ganz normalen Hundehaltern dennoch, dass wir nicht aufmerksam genug sind und unsere geliebten Vierbeiner dadurch hier ungewollt eine Verknüpfung, Fehlverknüpfungen herstellen, die wir so ganz sicher nicht wünschten.
Immer wieder haben wir es mit Verhalten unserer Hunde zu tun, das wir uns nicht erklären können, was überhaupt nicht schlüssig erscheint. Und ganz oft sind wir Hundehalter nicht ganz unschuldig. Aber wie kommt es eigentlich zu Fehlverknüpfungen und solchen sensorischen Präkonditionierungen? Was Fehlverknüpfungen sind, brauche ich sicher nicht zu erklären.
Doch was ist eine sensorische Präkonditionierung?
“Zwei neutrale Stimuli werden gleichzeitig dargeboten (Licht, Ton). Danach wird einer der beiden Stimuli (Licht) mit einem unbedingten Stimulus (Schock) gepaart und löst dadurch eine konditionierte Reaktion (Angst) aus. Wird nun der andere Anfangsreiz dargeboten (Ton), löst dieser eine Antizipation des ersten CS (Licht) und somit aufgrund der vorherigen Konditionierung eine Antizipation des US (Schock) aus.”
Bei einer sensorischen Präkonditionierung handelt es sich also immer um einen 3. Reiz, der hier Einfluss nimmt.
Eines der wohl bekanntesten Beispiele ist der Stromzaun und die Kühe. Also: Zaun – Kühe – Strom. Ja, auch ich kenne genau dieses. Meine Spice und ich traten auch genau in diese „Falle“. Sie wollte mal eben nicht hören und MUSSTE unbedingt ihre Nase zwischen die Zaunlatten stecken, hinter denen ein Stromzaun angebracht war, was sie lieber hätte sein lassen sollen. Gut, es kam wie es kommen musste, die Nase war zu nah am Zaun und sie bekam eine gewischt. Quietschend rannte sie zu mir und beschloss ab diesem Tag, dass Kühe ganz schlecht sind. Kühe braucht die Welt nicht, die tun weh und fortan waren sie ihr größter Feind. Das bedeutete Arbeit, richtige Arbeit und ich konnte sie in all den Jahren leider nicht mehr davon überzeugen, dass die Kühe am Stromschlag gar nicht schuld waren. Hier spricht man also von Fehlverknüpfungen und noch genauer um sensorische Präkonditionierung.
Manchmal sind wir Menschen schuld, so schrieb ich bereits, aber warum? Naja, in erster Linie mal, weil wir Menschen sind und irgendwie alles (be)werten müssen, bevor wir überhaupt wissen, was los ist. Wir sind schreckhaft, schwirrt eine Wespe um Bellos Kopf herum; wir werden panisch, rufen hektisch, damit er nicht nach der Wespe schnappt. Dabei erschrickt sich unser Schätzelein, schaut uns an und wir sehen gar nicht, dass ein Fahrrad unseren Weg kreuzt. Ahhhh – Bello geht ein Licht auf: Radfahrer braucht die Welt nicht und diesen Feind muss man attackieren. Herzlichen Glückwunsch! Jetzt haben Sie einen Job und ich hoffe, dass viele ihrer Freunde und Bekannten gerne Fahrrad fahren …
Zurück zur Überschrift: Libelle am Po. Wie Sie erkennen können, hat hier die Halterin mal in Seelenruhe ein Foto von diesem netten Arrangement gemacht, und ein gelungenes noch obendrein. Sie konnte es gut aushalten, dass sich diese wunderschöne Libelle auf ihren Hund setzte und schaute eben nur … Ihr vierbeiniger Freund hat sie wahrscheinlich nicht mal wahrgenommen. Was aber hätte passieren können, wäre Frau Paasche hier hektisch, ängstlich gewesen? Nun, ihr Junge stand im Wasser … Welche Szenarien könnten wir uns hier ausmalen?
Mögliche Fehlverknüpfungen:
1. Sämtliche schwimmende Freunde könnten in der Nähe sein, die plötzlich ein ungewolltes Interesse wecken könnten und ab dem Zeitpunkt könnte es heißen: Rein ins Wasser – und Petri Heil … oder so. Dann haben Sie eventuell das Problem nicht mehr, dass Ihr Hund nach Hasen und Co jagt, aber Enten, Schwäne, Gänse …. Na, auch hier sage ich mal: Herzlichen Glückwunsch.
2. Oder aber, Ihr Hund erschrickt so sehr, weil Sie ihn ja nun auch fürchterlich laut und hektisch anschreien, dabei hinfallen und von nun an wird er das Wasser meiden wie die Pest – denn Wasser scheint ja ganz schrecklich zu sein – von der Libelle am Po weiß Ihr Schätzelein ja nichts …
Gute Fotos in diesem Zusammenhang erreichten mich aus dem Bereich Mantrailing. Was könnte hier denn so „gefährlich“ sein, fragen Sie sich? Nun ja, es gibt Autodidakten unter uns, die im Selbststudium vieles erlernen und dann natürlich auch anwenden. Kann man machen – manchmal jedoch hat es schon einen Vorteil, mit Profis zu arbeiten oder sich den praktischen Teil wenigstens von ihnen erklären, zeigen, zu lassen.
Als ich von Daniel die Foto bekam, konnte ich erst nicht so richtig einordnen, wie ich diese einbauen kann, aber bitte sehr – beim Schreiben findet sich natürlich sofort wieder etwas richtig Gutes – glaube ich zumindest. Sie können jedes Foto anklicken, um entsprechend zu vergrößern.
Wenn Sie nun also auf die Suche gehen und Ihr Hund stellt fest: Der Baum, der Strauch – er lebt und Bello sich so richtig erschrickt …. Angst bekommt , jo, dann könnten Sie ein massives Problem bekommen, sind Sie nicht in der Lage die Situation vernünftig abzuarbeiten, das Finden aufzubauen, Schritt für Schritt dem Hund zu erklären, worin eigentlich der Sinn Ihres Langlaufes mit ihm besteht. Stellen Sie sich vor, Sie gehen laienhaft an ein solches Mantrailing und Ihr Hund hat gar nicht richtig verstanden, verknüpft, was diese Arbeit bedeutet und plötzlich findet er versteckt einen Menschen, der da nicht hingehört! Die Probleme, die Sie dann haben, möchte ich gar nicht weiter ausbauen!
Ein weiteres Beispiel, das Heike Beuse gab:
Leinenaggression … wie viele Hundehalter kennen sie? Mal ehrlich!
Der Hund reagiert an der Leine auf Auslöser X … Dabei wird die Leine durch den Hund gespannt und es kommt Druck auf Geschirr oder Halsband. Im weiteren Verlauf reagiert der Hund bereits, wenn die Leine dran ist, heißt, er sucht bereits beim Anleinen nach dem Auslöser zur Aggression. Sobald sich die Leine spannt … gehts los. Also ist die Spannung der Leine ungewollt hinzu gekommen. Super Beispiel für eine sensorische Präkonditionierung.
Noch ein Beispiel, das freundlicherweise Ivonne Stürck lieferte:
Ein Negativbeispiel wäre für Fehlverknüpfungen hier auch klassisch:
Das noch immer leider eingesetzte Stromhalsband für den Stopp bei der Jagd.
Hase … Stromimpuls … dummerweise läuft ein Jogger im Sichtfeld des Hundes …
Auch ein Beispiel für eine sensorische Präkonditionierung.
Zum Abschluss möchte ich Ihnen ein Video zeigen, das der Stern auf seiner Facebookseite eingestellt hat. Schauen Sie sich das bitte einmal an und versuchen Sie, anhand dieses noch besser zu verstehen, warum unsere Hunde eben Dinge tun, die wir gar nicht erklären können.
Liebe Hundefreunde, vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen nun eine Idee, warum gerade Ihr Hund dieses oder jenes tut, sich so oder so verhält, obgleich Sie niemals erkennen konnten, dass er sogenannte „schlechte“ Erfahrungen machte.
Und liebe Ersthundehalter, geben Sie bitte Acht darauf, dass Sie Ihre Schützlinge behutsam an alles Neue heranführen und Ihr Vierbeiner “sauber” lernt.